Demnach hat die neue Yi 4K Action Camera gegenüber der mittlerweile fast zwei Jahre alten Hero 4 Black natürlich einen moderneren und vor allem stromsparenden Prozessor bzw. SoC (System on Chip, übrigens vom gleichen Hersteller). In Verbindung mit dem leistungsfähigen 1400mAh-Akku sollen satte zwei Stunden Aufnahmezeit bei 4K mit 30 fps möglich sein. Die GoPro kam in unserem Test nur auf etwas mehr als die Hälfte (70 Minuten). Weitere wesentliche Vorteile sind das schnellere eingebaute WLAN, ein Stereo-Mikrofon (bei GoPro nur Mono), ein elektronischer 3-Achsen-Bildstabilisator, und mehr eingebaute Ausstattung (unter anderem eingebaute Fisheye-Objektiv-Entzerrung und direktes Speichern als Zeitlupen-Videos). Herausragende Zusatzausstattung ist natürlich der (für eine Actioncam) ziemlich große, hochauflösende Touch-Screen, der in der Yi 4K Action Camera gleich mit eingebaut ist. Die GoPro Hero 4 Black hat keinen eingebauten Monitor (den hat nur die Hero 4 Silver, die kann aber kein flüssiges 4K-Videos aufzeichnen), sondern dieser ist optional und wird hinten an die Kamera angesteckt (was die Kamera größer und natürlich auch teurer macht). Stellt man von beiden Kameras eine vergleichbare Zubehör-Ausstattung zusammen, ergibt sich bei der Yi 4K Action Camera gegenüber der GoPro Hero 4 Black ein Preisvorteil von rund 100 bis 150 Euro.
Xiaomi oder Xiaoyi oder Yi Technology?
Die Kameras von Yi Technology findet man in China übrigens auch häufig unter dem Namen des deutlich bekannteren Smartphone-Herstellers Xiaomi. So heißen die Kameras dann beispielsweise Xiaomi Yi Action Camera. Das ist sachlich eigentlich Quatsch, denn Xiaomi (die Smartphone-Firma) hat mit den Kameras nichts weiter zu tun, als dass sie diese vertreibt. Aber im chinesischen Verständnis ist eine solche Übernahme fremder Leistungen oder Verdienste positiv besetzt (das gilt übrigens auch für die Übernahme oder Kopie von Gestaltungsmerkmalen oder Technologien, wo man dann in unserem Kulturkreis von Plagiat oder Urheberrechtsverletzung spricht). Dies soll nur als Randinformation dienen. Wenn ihr also irgendwo auf eine Actioncam namens Xiaomi Yi 4K stoßt, gern auch mit dem MI-Logo (statt des YI-Logos, was eigentlich korrekt wäre), dann ist das höchstwahrscheinlich genau die Kamera, um die es in diesem Test geht. Plagiate dieser Kamera gibt es unseres Wissens jedenfalls nicht.
Auch wenn die Marke Yi Technology hierzulande kaum jemand kennt – ihre Produkte sind kein billiger B-Marken-Mist, sondern im Premium-Segment angesiedelt. Die Produktqualität liegt auf dem Niveau der besten international bekannten Marken aus Japan und Südkorea (oder USA, um GoPro explizit zu nennen). Dabei ist das Produktsortiment derzeit sehr überschaubar. Im Grunde sind es zwei Heimüberwachungskameras und zwei Actioncams. Die zweite, neue Actioncam ist die, um die es hier geht. Die andere, etwas ältere, haben wir im September 2015 getestet. Damals hatten wir das Gerät, weil es uns sehr interessierte, selbst einfach in einem großen, international versendenden Internet-Shop in China bestellt. Und wir waren von der Qualität wirklich beeindruckt. Die Ausgabequalität der im vergangenen Jahr getesteten Kamera ist im Rahmen aller versprochenen Features beeindruckend, ohne dass die quasi namenlose Kamera (Yi ist im Grunde sowohl Marken- als auch Produktname) in höhere Actioncam-Sphären aufsteigen konnte. Das wollte sie auch gar nicht. Denn dagegen stand schon ihr Preis, der deutlich unter umgerechnet 100 Euro liegt. Und die Kamera hat ein Ausstattungsmerkmal, das uns besonders gut gefällt und das noch heute dafür sorgt, dass die Kamera gelegentlich im Redaktions-Einsatz ist: Sie rechnet auf Wunsch die extreme tonnenförmige Fisheye-Verzeichnung, die jede Actioncam eigentlich hat, direkt in der Kamera heraus und produziert somit (unserer Meinung nach) deutlich ansehnlichere Video-Aufnahmen und Fotos, als all die anderen Kameras, die dieses nützliche Feature nicht haben. Der Preis dafür ist natürlich ein etwas reduzierter Bildwinkel. Dafür sehen die Video "normal" aus und das ist oft einfach sinnvoll. Klar, dass auch die neue, hier getestete Yi 4K dieses Feature hat, dazu aber später mehr.
Lieferumfang
Der "Trick" für den sehr günstigen Kaufpreis der ersten Yi Actioncam ist ihre aufs Wesentliche reduzierte Hardware-Ausstattung und ihr äußerst spärlicher Lieferumfang. Wo andere China-Kameras, wie z. B. die Geräte von SJCam und ihre zahllosen Derivate mit einem riesigen Zubehörpaket aufwarten – von der Helmhalterung und Lenkerhalterung bis zum Unterwassergehäuse und teilweise einer Fernbedienung ist alles gleich dabei – kommen die Actioncams von Yi Technology mit genau zwei Zubehörteilen daher: dem Akku und einem kurzen USB-Kabel-Stummel. Das mag man doof finden, eigentlich ist es konsequent! Nicht wenige sogenannte Actioncams kommen niemals mit Schlamm oder Modder oder auch nur einem Tropfen Regen in Berührung. Sie hängen schlicht irgendwo im Innenraum eines Ralley-Autos oder unter einem Quadrokopter oder auch mal 1000 Meter unter Wasser in einem Tauch-Boot, dann aber natürlich drinnen hinter der dicken Scheibe und nicht draußen. Gern werden auch z. B. sechs GoPro-Kameras in einem Käfig montiert, um aus den Einzel-Videos 360x360-Grad-Videos zusammenzufügen. Es dürften also zahllose 40- und 60-Meter Unterwassergehäuse und mindestens ebenso viele Lenker-, Surffrett- und Helmhalterunten ein trostloses Dasein in irgendwelchen Schubladen fristen. Da ist es natürlich konsequent, die Kameras "nackt" zu verkaufen. Wir würden sogar noch auf das USB-Kabel verzichten. Sowas hat doch sowieso jeder. ;-)
Aber beim Vergleich der Preise verschiedener Kameras muss man das natürlich schon berücksichtigen. Insbesondere, da die neue Yi 4K Action Camera ja schon von Haus aus nicht gerade billig ist. Knapp 330 Euro kostet sie offiziell in Deutschland. Für rund 100 Euro weniger, dann aber ggf. plus Einfuhrumsatzsteuer und Verzollung, bekommst du sie bei internationalen Händlern in China. Zumindest bei den von GearBest versandten Geräten (bei anderen Händlern wissen wir es nicht) handelt es sich um Ware, die absolut identisch ist mit den Geräten, die über den deutschen Distributor importiert werden. Diese sogenannte internationale Version hat ein CE-Zeichen und ausschließlich Englisch als Menüsprache (kein Deutsch, aber auch kein Chinesisch).
Eines noch vorweg: Beide Testgeräte, die sicherlich zu den allerersten ausgelieferten Geräten gehörten, hatten die Firmware 1.0.7 drauf. Und die ist Mist. So sehr Mist, dass nicht einmal die Update-Funktion der Firmware von den Smartphones-Apps (sowohl iOS als auch Android) funktionierte. Und überhaupt funktionierte mit der iOS App nahezu gar nichts (mit der Android App hingegen schon). Ein Update der Firmware war also dringend nötig und ist zum Glück auch möglich, indem man die aktuelle Firmware von der Hersteller-Website herunterläd, die Datei in firmware.bin umbenennt und ins Hauptverzeichnis der Speicherkarte kopiert. Nach dem Einschalten der Kamera bietet diese dann an, die auf der Speicherkarte enthaltene Firmware zu installieren. Dieser Test basiert auf der Firmware 1.1.0, die zum Testzeitpunkt aktuell war. Nach dem Update machte dann die iOS-App keinen Ärger mehr. Wirklich entscheidende Funktions-Erweiterungen haben sich durch die neue Firmware-Version hingegen nicht ergeben.
Schutzgehäuse, Schutzhülle, Schutzfilter
Zum Test hatten wir auch das Unterwassergehäuse sowie ein Set bestehend aus Lederschutzhülle mit Objektiv-Schutzfilter. Ja, du hast richtig gelesen: Lederschutzhülle. "Actioncams goes livestyle", sozusagen. Die Hülle ist wirklich aus echtem, duftendem, laut Hersteller "europäischem" Leder und sieht ziemlich gut aus. Für den Monitor ist natürlich ein Ausschnitt vorhanden, insofern hält es sich mit der Schutzfunktion in Grenzen. Aber sonst ist die Kamera rundum geschützt. Die beiden Mikrofone (Stereo) haben natürlich ebenfalls eine Öffnung und für den Lautsprecher sind feine Löcher ausgestanzt. Die Ein/Aus/Start/Stop-Taste ist von der Hülle verdeckt, aber weiterhin gut bedienbar. Da man die Taste aber nicht mehr sieht, haben wir die Kamera beim In-Die-Hand-Nehmen allerdings öfter versehentlich eingeschaltet. Seitlich ist die Klappe mit der USB-Schnittstelle ausgespart (das Hindurchfummeln der Gummiabdeckung durch die Lederhülle ist etwas hakelig) und unten das Metall-Stativgewinde der Kamera, sodass du die Kamera auch mit der Schutzhülle weiterhin auf allen möglichen Halterungen montieren kannst. Der Frontdeckel der Lederhülle schließt sich per Magnet, das ist wirklich edel gelöst. Natürlich ist auch das Objektiv ausgespart und um das empfindliche, hervorstehende Fisheye-Objektiv zu schützen liegt ein sehr edel wirkender Schutzfilter bei, der einfach auf den offenbar leicht konischen Objektiv-Tubus gesteckt wird und dort bombenfest hält (aber nicht so fest, dass du ihn nicht wieder abbekommst). Laut Aufdruck handelt es sich um einen hochwertigen, mehrfachvergüteten UV-Filter. Durch seinen großen Front-Durchmesser schränkt der Filter den Objektiv-Bildwinkel nicht ein. Lederhülle und Filter sind wirklich schön gemacht und oft eine praktikable und nette Alternative zu den sonst üblichen Schutzgehäusen.
Praktikabler jedenfalls als das 40 Meter wasserdichte Schutzgehäuse. An diesem ist zwar grundsätzlich nichts auszusetzen: Alles ist prima verarbeitet und die Finger-Halterung ist kompatibel zu GoPro-Halterungen, sodass du alle Halterungen verwenden kannst, die zu GoPro-Kameras kompatibel sind. Die brauchst du sicherlich auch, denn zum weiteren Lieferumfang gehört nur ein Adapter für ein Standard-Stativgewinde und natürlich eine Knebelschraube, um beides miteinander zu fixieren. Helmhalterungen, Lenkerhalterungen usw. musst du dir noch extra besorgen. Ein Riesenmanko ist aber, dass dem Gehäuse lediglich eine einzige, wasserdichte Plexiglas-Klappe als Rücktür beiliegt. Damit ist die Kamera im Gehäuse nahezu unbedienbar. Lediglich einschalten, starten, stoppen, ausschalten geht. Hast du vor dem Einsetzen ins Gehäuse die falsche Videoauflösung eingestellt, hast du Pech. Dann darfst du die Kamera wieder aus dem Gehäuse fummeln. Und in dem Moment ist natürlich erstmal gar nichts mit Schutz. Hier zeigt sich ganz klar der Nachteil des Nur-Touch-Screen-Konzepts. Für den harten Einsatz ist die Yi Action Camera eigentlich gar nicht gemacht, sondern sie ist eher die Schönwetter-Actioncam, die sich in ihrer Livestyle-Lederhülle wohlfühlt. Wenigstens eine Umschaltung zwischen Foto-Modus und Video-Modus ohne Touchscreen hat der Hersteller per Firmware-Update nachgerüstet: Im Menü gibt es nun eine Option "In Housing Mode". Schaltest du diesen ein, kannst du die Kamera durch langes Drücken der einzigen Taste (des Auslösers) zwischen Video- und Foto-Modus umschalten. Normalerweise schaltet langes Drücken die Kamera aus. Das bedeutet wiederum: Im Gehäuse eingesetzt kannst du die eingeschaltete Kamera nun nicht mehr ausschalten. Na prima. (Über den Touch-Screen geht es mit einer Swipe-Down-Bewegung, dann rechtes Symbol – aber der Touch-Screen funktioniert ja im Gehäuse nicht.) Theoretisch (und auch praktisch) kannst du die Kamera natürlich über die Smartphone-App fernbedienen, aber das hilft dir zumindest unter Wasser ja nichts. Wenn du das Gehäuse allerdings als Schutzgehäuse nimmst (über Wasser) und nicht als Tauchgehäuse, dann ist das die Lösung (siehe unten).
Bist du aber aufs Unterwassergehäuse nicht angewiesen, ist die Bedienung dank Touch-Screen ein Vergnügen. Und überhaupt ist der Monitor klasse. Der 2,2 Zoll große Monitor im 16:9-Format belegt den größten Teil der Rückseite der kleinen Kamera und damit kann man wirklich schon etwas anfangen. Der Monitor hat immerhin 640 x 360 Pixel Auflösung, das ergibt bei der kleinen Größe schon scharfes Bild mit 330 ppi und läuft unter "Retina Display". Das zum Schutz verbaute "Gorilla Glass" kennt man sonst eher von Smartphones. Und auch das Touch-Feeling ist Smartphone-Like. Der Finger rutscht leicht übers Glas, die Menüs reagieren blitzschnell und sehen vernünftig aus. Die englische Menüoberfläche ist fehlerfrei (zumindest habe ich keinen Fehler gefunden), auf schlechte/fehlerhafte Google-Translate-mäßige Übersetzungen verzichtet Yi Technology (im Gegensatz zu vielen anderen Chinesischen Marken) konsequenterweise. Alles in allem ist der Monitor der Yi 4K Action Camera derzeit eindeutig der beste Actioncam-Monitor auf dem Markt. Ein "Trick" bei der Bedienung ist übrigens die Slide-Bewegung von oben nach unten. Daraufhin kannst du unter anderem WiFi ein- und ausschalten. Das geht schneller als übers Menü. Auch den Fernbedienungs-Modus in Verbindung mit einer als Zubehör erhältlichen Bluetooth-Handfernbedienung ist auf diese Weise schnell erreichbar.
Bluetooth, WiFi und Smartphone-Apps
Bluetooth wird aber auch nur für die Verbindung zur Fernbedienung genutzt (und der Hersteller hat ein externes Bluetooth-Mikrofon angekündigt, einen Mikrofon-Anschluss gibt es nämlich nicht), nicht jedoch für die Verbindung zum Smartphone. Eine bequemere WiFi-Verbindung beispielsweise oder eine Übertragung von GPS-Daten aus dem Smartphone ist damit nicht möglich. Da die Kamera kein NFC hat, ist nämlich die Verbindung zum Smartphone zumindest dann etwas umständlich, wenn das Smartphone gerade in einem anderen WLAN-Netz eingeloggt ist. Dann musst du die Verbindung erst manuell im Smartphone auf die Actioncam umstellen. Danach kannst du sie mit der App "YI Action" steuern und z. B. auch Firmware-Updates einspielen (was mit der Firmware 1.0.7 nicht funktioniert, siehe oben). Bei der Verbindung per WiFi lauert übrigens noch eine Falle: Die Yi Action Camera beherrscht WiFi im Frequenzband 5 GHz und das ist auch voreingestellt. Das ist zwar grundsätzlich löblich, aber falls dein Smartphone diese Frequenz nicht kann oder 5-GHz-WiFi dort ausgeschaltet ist, wunderst du dich also vielleicht, wieso dein Smartphone die Actioncam nicht als WiFi-Hotspot anzeigt, obwohl doch an der Kamera WiFi eingeschaltet ist. In dem Fall schalte die Actioncam im WiFi-Menü auf 2,4 GHz um (dort ist auch die Reichweite potenziell höher).
Auf die App will ich nicht ausführlich eingehen, immerhin lässt sich die Kamera ja, sofern sie nicht im Unterwassergehäuse steckt, vollständig und äußerst bequem per Touch-Screen bedienen. Dennoch gibt es natürlich viele Situationen, in denen eine Smartphone-App zur Fernbedienung nützlich ist. Deshalb nur kurz Folgendes dazu: Die App ist für Android und iOS erhältlich und gehört zu den besseren Actioncam-Apps auf dem Markt. Alle Funktionen sind mehr oder weniger schnell erreichbar und das Live-Sucherbild hat eine gute Qualität. Es kommt allerdings mit einer kurzen Verzögerung auf dem Smartdevice an, das ist üblich. Den richtigen Moment fürs Foto verpasst du durch die Verzögerung allerdings garantiert, wenn nur das Live-View-Bild auf dem Monitor siehst. Die Apps werden manuell von Hochformat auf Querformat umgeschaltet. Das macht Sinn, denn wenn du mit dem Smartphone beim Filmen hantierst, nervt eine automatische Hochformat/Querformat-Umschaltung mehr als das sie nützlich ist. Du kannst dir die fertigen Fotos übrigens auch auf dem Smartdevice anschauen. Dazu speichert die Kamera parallel zu den großen Videos noch kleine Thumbnail-Versionen. Diese haben zwar keine hohe Qualität bzw. Auflösung, sind dafür aber schnell per WiFi von der Kamera aufs Smartphone übertragen.
Als Fernbedienung bietet Yi Technology übrigens eine einfache Bluetooth-Fernbedienung mit zwei Tasten an. Eine dient der Umschaltung von Video-Modus auf Foto-Modus und die andere als Auslöser bzw. Start/Stop-Taste. Ein Multi-Kamera-Fernbedienungsfeature wie es Sony oder GoPro bietet, hat Yi Technology nicht. Für das professionelle, parallele Filmen mit mehreren Kameras eignet sich die Yi 4K also nicht so gut.