Das Gehäuse ist gut verarbeitet und sehr stabil. Akku, Speicherkarte und USB-Anschluss sitzen hinter einer einzigen Klappe. Deren Verschlussmechanismus ist ziemlich schwergängig, die Klappe soll sich ja auch nicht versehentlich öffnen. Andererseits ist die Verriegelung einfach zu verstehen und zu bedienen, wenn man genug Kraft aufwendet – definitiv nichts für zarte Findernägel, definitiv auch nichts für kalte oder feuchte Hände (es mag sein, dass das nur bei fabrikneuen Kameras so schwer geht, und später, wenn sich die Dichtung etwas gesetzt hat, dann leichter geht). Aufladen und Übertragen der Daten erfolgt via USB-C-Schnittstelle recht flott. Alternativ ist der Akku schnell gewechselt oder die Speicherkarte entnommen.
Die robusten, ausklappbaren Haltearme und den gut bedienbaren Touchscreen hatte ich ja schon erwähnt. Beim kleinen Display auf der Front kann man übrigens einstellen, ob der mittlere Teil des Live-Bilds das quadratische Display ganz ausfüllen soll (Werkseinstellung) oder oder ob das Livebild (dann noch kleiner) komplett angezeigt werden soll. Letzteres hat den Vorteil, dass dann Informationen wie Aufnahmedauer und Batteriestatus nicht das Bild überlagern, sondern besser lesbar auf schwarzen Balken oben und unten dargestellt werden. Uns gefiel die Darstellung mit den schwarzen Balken besser, aber das ist Geschmackssache. Sowohl der front- als auch der rückseitige Monitor schalten sich nach einer separat einstellbaren Zeit ab, wichtig zum Stromsparen.
An physischen Tasten gibt es bei GoPro zwei, eine seitlich und eine oben, das hat auch schon Tradition. Seitlich wird die Kamera eingeschaltet und danach schaltet jeder Druck den Modus durch (Video, Foto, Zeitraffer). Länger drücken schickt die Kamera ins Standby. Die Taste auf der Oberseite ist für Aufnahme Start/Stopp bzw. der Auslöser für ein einzelnes Foto. Das Verhalten ist auf Wunsch so konfigurierbar, dass ein Druck auf den Auslöser die Kamera einschaltet und sofort die Aufnahme startet. Ein weiterer Tastendruck beendet dann die Aufzeichnung und schickt die Kamera wieder ins Standby. Kinderleicht also und zudem über die rot blinkenden LEDs gut rückgemeldet.
Wer möchte, kann zudem Sprachbefehle aktivieren oder die Kamera per App oder mit anderen (GoPro-)Fernbedienungen steuern. Das läuft in der Praxis alles völlig rund und lässt keine Fragen offen. Die ganze Usability vom Pairing der Smartphone-App bis zur Bedienung direkt an der Kamera oder per Smartphone ist bei GoPro vorbildlich. Dieses Niveau erreicht meiner Meinung nach bis jetzt kein anderer Hersteller.
Foto und Video in der Praxis
Für den Test haben wir uns zum Vergleich von GoPro auch eine Hero9 schicken lassen, weil wir einmal im direkten Vergleich schauen wollten, wie gravierend die Verbesserungen eigentlich sind. Beide haben wir mehrere Tage lang bei einem Segeltraining am Gardasee mit verschiedenen Einstellungen ausprobiert, teilweise sogar direkt nebeneinander montiert auf derselben Jolle. Später musste die Hero10 bei uns im Testlabor zwar keinen Labortest absolvieren, aber Testaufnahmen von unserem Testaufbau machen.
Der Bildsensor beider Kameras ist identisch und hat 23 Megapixel. Die Hero9 macht daraus ein JPEG mit 20 Megapixeln, die Hero10 eines mit 23 Megapixeln. Visuell macht das keinen Unterschied. Die Fotos haben die Qualität, wie man sie bei einem kleinen Sensor erwarten kann, also im Grunde nur "mittelgut" (bei Fotos/Standbildern ist das Auge bzw. der Betrachter durchaus kritischer als bei Bewegtbildern). Solange man die Aufnahmen in der Objektiveinstellung "Weitwinkel" und bei ausreichender Beleuchtung macht, sind die Fotos wirklich ordentlich, die Qualität etwa auf "Smartphone-Niveau".
Stellt man eines der anderen "digitalen Objektive" ein, macht die Kamera nichts anderes als eine Ausschnittsvergrößerung, also einen Digitalzoom (anders geht es ja auch nicht bei einem Festbrennweitenobjektiv) und ggf. noch eine starke Entzerrung von Fisheye zu Linear. Das Ergebnis wird dann wieder als 23-Megapixel-JPEG gespeichert, was im Grunde nur begrenzt Sinn ergibt, weil der Bildausschnitt tatsächlich auf deutlich weniger Megapixeln basiert (schätzungsweise 12 Megapixel effektiv dürften es in der Linear-Einstellung sein). Entsprechend sind diese Ausschnittsvergrößerungs-Fotos dann bei näherer Betrachtung auf einem großen Bildschirm nicht so der Hit. Zum Teilen über soziale Kanäle und zum Betrachten auf kleinen (Smartphone-)Displays sind die Fotos natürlich allemal ausreichend.
Wesentlich interessanter ist dagegen die Verwendung als Videokamera – dazu wird eine Actioncam in erster Linie ja auch verwendet. Hier bietet die hohe Sensorauflösung die Voraussetzung für allerlei bei Actioncams hochspannende Funktionen, wie eine hochwirksame Bildstabilisierung bis hin zu einem Horizontausgleich bis 45 Grad Schräglage der Kamera. Das macht Action-Videos sehr ansehnlich und teilweise spektakulär, denn ein Video mit 45-Grad-Horizontausgleich wirkt als wäre es mit einem elektromechanischen Gimbal gemacht.
Wenn aus einem rechteckigen 4:3-Format-Sensor in 45-Grad-Schrägstellung ein 16:9-Video "herausgeschnitten" wird, noch dazu mit starker elektronischer Videostabilisierung, die einigen Spielraum erfordert, dann bleibt nur noch ein vergleichsweise kleiner Bildausschnitt dessen, was der Sensor sieht, später fürs Video übrig. So gesehen ist es im Grunde erstaunlich – und ergibt technisch wiederum wenig Sinn – wenn die Hero10 beispielsweise ein 5,3K-Video mit maximaler Stabilisierung (Einstellung "Boost") und Objektiveinstellung "Linear mit Horizontausgleich" auf die Speicherkarte schreibt. Der dabei verwendete Bildausschnitt enthält nie und nimmer auch nur annähernd "echte" 5,3K (15,87 Megapixel).
Insofern muss man sich auch nicht wundern, wenn man in solchen Videos dann nicht mehr Details entdeckt, als hätte man gleich 4K eingestellt. Das Video wird bei 5,3K allerdings brutal scharfgezeichnet, sodass man bei flüchtigem Blick den Eindruck gewinnen könnte, da sei "mehr drin". Vergleicht man aber Standbilder aus 4K- und 5,3K-Videos in 100%-Darstellung sieht man, dass dem nicht so ist. Sobald man die starke Bildstabilisierung in der Boost-Stellung nutzt (mit oder ohne Horizontausgleich), reicht auf jeden Fall die 4K-Auflösung. In der Einstellung 2,7K bricht die Qualität dann interessanterweise weitaus stärker ein, als ich erwarten würde. Es gilt also in der Praxis die bestmögliche Einstellung zu finden, die zu der Aufnahmesituation passt.
Qualitätssteigernd wirkt dabei eine hohe Bitrate. Wenn nichts dagegen spricht, sollte diese nicht auf "Standard" (das ist die Werkseinstellung), sondern auf "Hoch" eingestellt werden. Dann bekommt man 100 Mbit/s statt 60 Mbit/s bei 4K und 5,3K (bei niedrigeren Auflösungen entsprechend weniger), was durchaus angemessen ist. Qualitätssteigernd ist auch immer ein möglichst weiter Bildausschnitt (die Einstellung "Superview" oder "Weit"), weil dann eingangsseitig viele Pixel zur Verfügung stehen, aus denen dann das fertige Video berechnet wird. Dasselbe gilt für die Bildstabilisierung, die den effektiven Bildwinkel stark reduziert, und den 45-Grad-Horizontausgleich. Wenn man so etwas nicht braucht, weil die Kamera z. B. unbewegt montiert ist, sollte man solche Hilfsmittel im Interesse der bestmöglichen Bildqualität unbedingt ausschalten. Hilfreich ist übrigens auch immer viel Licht! Normalerweise benutzt man eine Actioncam ja draußen und in hellem Sonnenschein liefert sie auch ihre beste Bildqualität ab. Bei weniger Licht greift die Rauschunterdrückung ein und das kostet Details.
Qualitätsmindernd wirken andererseits hohe Bildwiederholfrequenzen. Diese sind eigentlich der große Vorteil der Hero10 gegenüber ihren Vorgängermodellen. Aber ganz ohne Schmerzen sind flüssige Videos und tolle Zeitlupen leider nicht zu haben, denn leider reduziert jede Steigerung der Bildrate sichtbar die effektive Auflösung. 4K-Video mit 120 fps hört sich toll an und es ist natürlich auch toll, wenn man vierfache Zeitlupen in hoher Auflösung bekommen kann. Man darf dabei aber halt nicht genau so eine hohe Bildqualität erwarten (vor allem effektive Auflösung, also Details) wie bei 4K mit 30 fps. Dennoch ist das Ergebnis für viele Situationen sehr gut brauchbar. Qualitätsmindernd wirkt sich auf jeden Fall auch eine starke Bildstabilisierung aus, dazu die Entzerrung (Einstellung "Linear") und der 45-Grad-Horizontausgleich.
Dennoch sind diese Ausstattungsmerkmale genau das, was ich an der Hero10 liebe und was diese Kamera so spannend macht: Sie liefert fix und fertige Videos in guter (wen auch nicht exzellenter) Qualität direkt aus der Kamera! Segelvideos beispielsweise, bei denen sich scheinbar nicht die Kamera mit dem Boot bewegt, sondern der Horizont festgenagelt genau waagerecht bleibt, dazu noch "entwackelt", als hätte ein Kameramann mit Gimbal die Kamera gehalten und dabei alle Bewegungen sauber ausgeglichen. Und das Ganze in der Einstellung "Linear" auch entzerrt, sodass das Video nicht nach Fisheye bzw. Actioncam aussieht, sondern wie aus einer richtig großen Kamera. Wenn man will, kann man das auch noch in Zeitlupe haben. Das gibt einfach spektakuläre Filme praktisch auf Knopfdruck.
Solange man das auf einem Tablet oder Laptop anschaut, ist die Qualität absolut großartig. Auf einem großen 4K-Fernseher hingegen sieht man, dass die Qualität nicht ganz an richtig gute 4K-Videos herankommt. Allerdings überzeugt bei den Videos normalerweise die Action und die mitunter spektakulären Szenen, die man eingefangen hat und kein Betrachter schaut mehr so ganz genau auf die Details. Zum Vergleich: Die einzige Kamera, die bessere Ergebnisse liefert, aber eben nicht direkt aus der Kamera, sondern erst nach aufwändiger Verarbeitung am PC, ist die Insta360 One R mit dem 1-Inch-Kameramodul, die mit ihrem großen 1-Zoll-Bildsensor eine ganz andere Ausgangsbasis hat.
Empfehlung Die 5,3K-Videos machen eigentlich nur in der Objektiveinstellung "Wide" und bei abgeschalteter Stabilisierung wirklich Sinn. Ansonsten liefert fast immer die 4K-Auflösung die beste Qualität. Dabei sollte die Bildwiederholrate so niedrig wie möglich eingestellt sein, 25 oder 30 fps liefern die beste Qualität. Höhere Bildraten aktiviert man nur, wenn man in Zeitlupe filmen möchte. Ansonsten gilt: Je größer der Bildwinkel, desto besser die Bildqualität beim genauen Hinschauen. Enger Bildwinkel, normale ("Standard") oder hohe ("Boost") Bildstabilisierung, Linear und Horizontausgleich verringern den effektiven Bildwinkel und sollten nur bei Bedarf genutzt werden und dann mit 4K.
Sogar den Ton hat GoPro mittlerweile richtig gut im Griff. Die Kamera zeichnet auch ohne weitere Mikrofone einen sehr brauchbaren Stereoton auf. Windgeräusche werden bei Bedarf unterdrückt (abschaltbar, Automatik-Stellung vorhanden), der Ton wird dann allerdings dumpfer.
Noch ein Wort zur Akkulaufzeit: Auch hier macht sich das mittlerweile etwas größere Gehäuse der aktuellen GoPro-Kameragenerationen positiv bemerkbar. In das Gehäuse passt nämlich ein Akku mit immerhin 1.720 mAh Kapazität. Das hat in unserem Test mit 4K30-Video für eine lange ununterbrochene Aufnahmedauer von bis zu 80 Minuten gereicht.
Fazit
Verarbeitung und Bedienung der GoPro Hero10 sind tadellos. Das Filmen damit ist sehr einfach und die Möglichkeiten vielfältig, sodass man fast alle Action-Situationen leicht in sehr ansehnlichen und professionell wirkenden Videos einfangen kann. Die Rechenpower dafür steckt in Form des neuen Prozessors direkt in der Kamera, wodurch auf der Speicherkarte direkt fertige Videos landen, die – außer vielleicht die Reduktion auf die wirklich spannendsten Szenen – keine weitere Verarbeitung mehr erfordern. Die besten Endresultate, gerade beim Einsatz der äußerst leistungsfähigen Bildstabilisierung (auf Wunsch mit 45-Grad-Horizontausgleich), liefert die Kamera bei 4K30. Zeitlupen sind aber ebenfalls in guter Qualität möglich. Alles in allem ist die Hero10 derzeit die beste Actioncam für die meisten Anwender.
Vorteile
- gute bis sehr gute Bildqualität
- sehr wirksame Bildstabilisierung
- Horizontausgleich bis 45 Grad
- lange Akkulaufzeit (80 Minuten)
- einfache Bedienung
- vele Einstellmöglichkeiten
Nachteile
- bester Preis nur mit Abo
- Webcam-Funktion nur mit Treiber-Software und ohne Ton