Update: Freevision existiert nicht mehr und auch die zum Betrieb des Gimbals erforderliche Smartphone-App ist im iOS Appstore nicht mehr erhältlich. Mehr dazu in unserer Meldung "Gimbal-Hersteller Freevision ist offenbar "weg" – inklusive iOS-App".
Die Marke Miniwing gehört zur chinesischen Feishen Group, die ihren Firmensitz in Yongkang, der chinesischen Zhejiang Province hat. Die Feishen Group beschäftigt mehr als 1.500 Mitarbeiter und ist in über 50 Ländern der Welt mit eigenen Niederlassungen in Europa, USA und Asien aktiv. Zu den Produkten der Marken Miniwing gehören Multicopter, GPS Action Cams und GPS Bike Computer. Gimbals werden unter der Sub-Marke Freevision auf den Markt gebracht. Parallel zu dem hier getesteten Freevision Vilta Gimbal für GoPro Actioncams soll noch vor Weihnachten 2017 eine Version für Smartphones auf den Markt kommen.
Der Freevision Gimbal für GoPro wird in einer praktischen, leicht gepolsterten Transporttasche mit umlaufendem Reißverschluss geliefert. Obwohl die Tasche erfreulich kleine Abmessungen hat, ist der Gimbal dort drin komplett betriebsbereit verstaut. Die beiden rotierenden Arme und die 360°-Drehung in der Basis haben alle jeweils eine eigene Park-Stellung. In dieser Ruhestellung rasten alle Arme in einer definierten Position sanft ein. Auch die Drehachse direkt an der Basis kann mit einem kleinen Schalter verriegelt werden. So hat der Gimbal beim Transport und bei der Montage eine definierte Position und dreht nicht frei. Auch das ist wirklich sinnvoll und gut gelöst. Überhaupt ist der erste Eindruck von dem Gerät extrem gut (kaum zu glauben, dass ich das mal schreibe, meist habe ich ja eher etwas zu mäkeln). Die ganze Mechanik macht einen überaus soliden Eindruck und alles wirkt sehr durchdacht. Der Handgriff ist ergonomisch geformt und liegt bestens in der Hand. Die Gewichtsverteilung ist auch mit Kamera nicht allzu kopflastig und die Bedienelemente sitzen an der richtigen Stelle. Zur Sicherheit wird sogar noch eine Handschlaufe mitgeliefert, die überdies einen kleinen Schieber zum dichtziehen hat (damit die Hand im Fall der Fälle nicht doch versehentlich rausflutscht). Der Hersteller hat scheinbar wirklich an alles gedacht.
Doppelnutzen durch abnehmbaren Handgriff
Der Freevision Vilta ist zweiteilig aufgebaut und kann deshalb universell auf zwei Arten eingesetzt werden. So wie er in der Schutztasche liegt, ist er ein handgeführtes 3-Achsen-Schwebestativ. Den Handgriff kannst du aber abnehmen. Dann hast du einen Gimbal, dessen Basis die Elektronik und wichtige Bedienelemente und Leuchtdioden beherbergt. Die Unterseite der Basis hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Dort befindet sich nämlich nicht nur ein 1/4-Zoll-Standard-Stativgewinde, sondern du kannst alternativ zwei stabile "Finger" für eine GoPro-kompatible Halterung ausklappen – eine super Idee! Alleerdings ist das Ausklappen der Befestigung etwas fummelig. Die Halterung macht einen super stabilen Eindruck und erspart es dir, mit irgendwelchen Adaptern zu arbeiten. Mit dieser Befestigungsmöglichkeit könntest du den Gimbal direkt auf einer Helmhalterung montieren oder an einem Brustgurt. Ob sowas Sinn bei dem von dir betriebenen Sport macht, musst du selbst entscheiden. Immerhin wiegen Gimbal (ohne Handgriff) und Kamera (GoPro Hero 5 Black) zusammen fast 390 Gramm. Aber diverse andere Halterungen machen natürlich definitiv Sinn, seien es z. B. eine Lenker-Halterung am Fahrrad oder eine Befestigung an Motorrädern oder auf Booten (aber Achtung: wasserfest ist der Freevision Vilta nicht).
Tipp: Beim Radfahren mit ungefederten Fahrrädern verwendest du besser eine Fahrradhalterung mit 1/4-Zoll-Gewindeschraube als mit einer GoPro-Kompatiblen Halterung. Die harten Schläge, die beim Radfahren auf schlechten Wegstrecken auftreten, führen zwangsläufig dazu, dass sich die fast 400 Gramm schwere Kombination aus Gimbal und Kamera in der GoPro-Befestigung bewegt (so fest kannst du die Schraube gar nicht anziehen). Die Auflagefläche von GoPro-Halterungen ist dafür einfach viel zu klein und zu glatt, um solche Gewichte bei einwirkenden starken Schlägen sicher zu halten.
Sowohl die Basis als auch der Handgriff beinhalten jeweils einen Akku. Geladen werden beide über eine eigene MicroUSB-Buchse. Das heißt, es wird nichts "durchgeladen", sondern es müssen tatsächlich sowohl die Basis als auch der Handgriff separat aufgeladen werden; immerhin lädt der Handgriff-Akku im Betrieb den kleinen Akku im Kopf nach. Der Kopf alleine hält nicht besonders lange durch, der Akku hat auch nur 350 mAh. Zusammen mit dem 2000mAh-Akku im Handgriff hat der Gimbal dann natürlich eine deutlich längere Laufzeit. Acht bis neun Stunden gibt der Hersteller für beide Akkus zusammen an. Der kleine Akku in der Kopf-Basis alleine ist allerdings schon nach rund einer Stunde leer.
Auskunft über den Ladezustand des Handgriff gibt eine Reihe LEDs. An der Basis selbst kann man den Ladezustand nur schlecht einschätzen. Solange die LED im Ein/Aus-Taster konstant leuchtet, ist alles in Ordnung. Wenn diese blinkt, soll man laden (die Basis, den Griff oder beides). Aber wie lange man dann noch damit arbeiten kann, weiß man nicht. Im Betrieb mit dem Handgriff ist jedoch auf jeden Fall der Akku in der Kamera zuerst leer. Um genau das zu vermeiden gibt es optional (Preis derzeit unbekannt) einen kleinen Stromadapter in zwei Versionen, einmal für die GoPro Hero4 und einmal für die Hero5/Hero6. Damit wird dann die Kamera aus dem Gimbal zusätzlich mit Strom versorgt und alles zusammen soll dann satte sieben Stunden durchhalten.
Bedienung
Zur Bedienung hat der Freevision Vilta insgesamt vier Bedienelemente, Rückmeldung gibt er über drei LEDs. Ein Ein/Aus-Taster dient zum Ein- und Ausschalten, aber auch, um den Kopf vorübergehend ins Standby zu schicken oder um den Betriebsmodus umzuschalten (aber nur, wenn der Handgriff nicht montiert ist). Rechts sitzt die Auslöse-Taste, mit der die GoPro-Actioncam fernbedient wird (Fotoaufnahme, Video-Start/Stopp, Highlight-Tag) oder auch das Pairing mit der Kamera initiiert wird. Beide Tasten beinhalten jeweils eine LED, die Batteriestatus bzw. Pairing-Zustand signalisieren. Dazwischen sitzt eine große, helle LED, deren Farbe den Betriebsmodus (dazu später mehr) anzeigt und die durch Blinken auf Fehlerzustände aufmerksam macht. Darunter sitzt ein großer 4-Wege-Joystick (ohne Drucktastenfunktion), der sich sanft in jede beliebige Richtung schieben lässt, wodurch die Kamera im Kopf ihre Ausrichtung ändert. Das erfolgt in variabler Geschwindigkeit, d. h. je mehr du den Joystick aus der Mittelposition herausbewegst, desto schneller drehen die entsprechenden Achsen. Mit etwas Feingefühl und Übung lassen sich damit ganz gute, sanfte Kamerabewegungen erzielen. Vorne am Griff sitzt noch eine große "Trigger"-Taste an prominentester Stelle, besser erreichbar als jedes der drei anderen Bedienelemente. Wer nun vermutet, dass man selbstverständlich auch damit ein Foto schießen oder die Videoaufnahme starten oder stoppen kann, liegt leider völlig falsch. Dieser tolle Taster dient einzig und allein dazu, den Betriebsmodus zu wechseln. Ist der Handgriff nicht montiert, erledigt man das über den Ein-Aus-Schalter. Ich hätte mir gewünscht, dass man den Trigger-Taster am Handgriff als Auslöser nutzen kann (zumindest wahlweise, frei konfigurierbar). Die Belegung dieser exponierten Taste nur zur Modus-Einstellung erscheint mir wie "Perlen vor die Säue werfen". Aber natürlich kann man damit leben, wenn auch das Auslösen der Kamera mit dem Daumen jedes Mal etwas Finger- bzw. Daumenakrobatik erfordert.
Der Freevision Vilta Gimbal für GoPro ist kein Universal-Gimbal, die der Name schon andeutet, sondern er funktioniert nur mit einer Reihe von GoPro-Kameras. So richtig gut gemacht ist er für die aktuelle Bauform der Flaggschiff-Modelle von GoPro, also die GoPro Hero5 Black und die neue Hero 6 Black, die vom Gehäuse her ja mit der Hero5 hundertprozentig identisch ist. Für die älteren Modelle der GoPro Hero4-Serie (Hero4 Silver und Hero4 Black) ist ein Plastik-Käfig beigelegt, der diese nicht wasserdichten und deshalb kleineren Kameras auf die Außenmaße der Hero5/6 Black bringt. Beides zusammen kannst du dann in die stabile Gimbal-Halterung schieben und mit einem Hebel festspannen. Leider verdecken der Käfig und die Halterung am Gimbal dann sämtliche LEDs der Hero4-Modelle, so dass du wichtige Status-Informationen ausschließlich auf dem LC-Display der Kamera (für das es eine Aussparung gibt) oder über eine Fernbedienung sehen kannst. Weitere Öffnungen für die LEDs oder ein Käfig aus transparentem Kunststoff wären eine gute Idee gewesen.
Hinweis: Nicht kompatibel mit Hero3! Der Hersteller spricht noch heute (bei Veröffentlichung des Tests) auf seiner Website davon, dass der Gimbal auch mit der Hero3-Serie kompatibel sei (Hero3/3+) und auch in der bei unserem Gerät beiliegenden Bedienungsanleitung wird explizit die Verbindung mit den Hero3-Modellen angesprochen. Allerdings funktionierte dies bei uns trotz viel Geduld und gutem Willen nicht. Auf der Suche nach einer Lösung stießen wir im Internet auf eine PDF-Datei mit einer Version der Anleitung, in der von den Hero3-Geräten nicht mehr die Rede war. Darauf angesprochen bestätigte uns der Hersteller: Die noch sehr weit verbreiteten Hero3-Geräte lassen sich nicht mit dem Freevision Gimbal für GoPro koppeln und deshalb nur eingeschränkt nutzen. Falls du eine Hero3 oder 3+ hast und dich jetzt fragst, ob du überhaupt weiterlesen sollst oder ob der Gimbal damit für dich sowieso aus dem Rennen ist: Ich würde sagen ja, lies weiter. Zum Starten und Stoppen der Aufnahme wirst du dir zwar eine andere Lösung suchen müssen – vielleicht hast du sowieso die WLAN-Smart-Remote-Fernbedienung, die war damals bei der Hero3+ Black ja mit dabei. Oder du musst die Aufnahme über dein Smartphone starten und stoppen (das ist nur bedingt praktikabel, wenn du in der anderen Hand den Gimbal hältst). Notfalls kannst du die Aufnahme natürlich auch direkt an der Kamera starten und stoppen, hast dann aber immer einen verwackelten Anfang und ein verwackeltes Ende, beides musst du später wegschneiden (wenn du deine Videos sowieso nachbearbeitest spielt das also praktisch keine Rolle). Auf jeden Fall hast du mit dem Freevision Vilta dann einen Gimbal, den du noch besser verwenden kannst, wenn du vielleicht mal auf eine Hero5 Black oder Hero6 Black umsteigst.
Andere GoPro-Kameramodelle, einschließlich der noch aktuellen würfelförmigen Session-Modelle, bekommst du nicht in die Halterung des Freevision Vilta für GoPro. Auch höchstwahrscheinlich keine Actioncams anderer Hersteller, außer du bastelst dir irgendwie die richtigen Distanzstücke. Wie gesagt: Ein Universal-Gimbal ist das nicht.