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DxO One in der Praxis

Nun aber auf zum Fotografieren! Die Geschwindigkeit der App und die Live-Bild-Übertragung sind tatsächlich einwandfrei, da hat DxO nicht zu viel versprochen. Das ist schon ein anderes Bedienungs-Feeling als bei den Lösungen über WLAN/WiFi, die wir kennen. Bis die gerade geschossene Aufnahme dann allerdings in Fein-Darstellung auf dem Display erscheint, vergeht schon ein Moment. Zunächst wird nur eine grob aufgelöste Fassung angezeigt, kurz darauf die Fein-Version, in die du dann auch reinzoomen kannst. Die App ist so mächtig, wie du es von einem guten Fotoapparat erwartest. Fast jedenfalls. Der Rest wird laut DxO über kostenlose Updates noch nachgerüstet (Zeitraffer- bzw. Intervall-Aufnahmen beispielsweise). Aber die ganzen klassischen Sachen gehen schon. Einschließlich manueller Vorwahl von Blende und/oder Belichtungszeit, manuellem Fokus, manueller ISO-Wahl, Einschränkung der automatischen ISO-Einstellung auf noch brauchbare Werte usw., eigentlich alles. Die Bedienung ist dabei auch weitgehend intuitiv und ergonomisch und macht wirklich Spaß. Ist die kostenlos im Apple Store erhältliche DxO-One-Kamera-App bereits installiert, genügt es übrigens das iPhone einzuschalten und zu entsperren und dann die Kamera in die Lightning-Buchse zu stecken, um die App automatisch zu starten und sofort aufnahmebereit zu sein. Das geht wirklich sehr schnell.

Einfach praktisch ist es natürlich, dass die Fotos nach der Aufnahme direkt im iPhone zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen. So kannst du damit alles machen, so wie du es gewohnt bist, als hättest du die Fotos mit der internen Kamera aufgenommen. Übertragen wird dabei ein 19,5-Megapixel-Foto als JPEG-Datei, deren Dateigröße abhängig von der Komprimierbarkeit des Fotos schwankt. Zwischen nicht einmal 3 MByte und über 14 MByte war bei uns alles vertreten. Diese Fotos sind natürlich deutlich hochauflösender als die 8-Megapixel-Fotos des iPhone 6 und 6 Plus, die ja auch schon sehr ordentliche Kameras haben. In unserem visuellen Testbild lässt sich die neunte der 10 Zeilen im Augenoptiker-Testchart noch gut lesen (beim iPhone 6 ist es die siebte Zeile). Das Lineal hat sehr gut sichtbare Holzmaserung und scharfe Zahlen. Verzeichnungen oder Vignettierungen sind nicht sichtbar, sondern hervorragend herauskorrigiert. Bei Praxis-Aufnahmen haben wir die Kamera insbesondere bei Low-Light-Anwendungen untersucht. Gerade bei Aufnahmen in ungünstigen Lichtsituationen soll die DxO One ja gegenüber der im iPhone eingebauten Kamera ihre Vorteile beweisen können. Die lichtstarke Festbrennweite (32 mm umgerechnete Kleinbild-Brennweite) sorgt in Verbindung mit dem 1 Zoll großen Sensor in der Tat für gute Ergebnisse. Allerdings ergeben sich durch die Rauschunterdrückung ebensolche aquarellartige Effekte, die wir von vielen anderen Kameras mit vielen Megapixeln kennen – und die wir nicht so schön finden. Uns wäre etwas Rauschen im Bild lieber als wenn Fotos zu Aquarell-Gemälden mutieren, aber dazu gibt es auch andere Meinungen. Sehr angenehm ist auf jeden Falls die dezente, nicht störend sichtbare Scharfzeichnung, die dennoch schön scharfe Bilder produziert. Im direkten Vergleich (diesmal wieder anhand unserer Studio-Testbild-Aufnahmen) ist die DxO One einem Panasonic CM-1 Smartphone und einer Sony RX100 III, die ebenfalls beide einen 20-Megapixel-1-Zoll-Sensor haben, leicht überlegen. Die JPEGs, die die Kamera intern erzeugt, sind im Vergleich zu den anderen Modellen mit mutmaßlich gleichem Sensor etwas sauberer, besser, gerade zum Rand hin bleibt die Qualität sehr hoch. Der Sensor und die Aufbereitungselektronik hat mit dem guten Festbrennweiten-Objektiv offenbar leichtes Spiel. Beim Panasonic-Smartphone musste das Objektiv stark miniaturisiert werden, wodurch außerhalb der Bildmitte die Qualität nachlässt. Und die Sony-Kameras haben immerhin ein Zoom-Objektiv; das hat es prinzipiell schwer im direkten Vergleich mit einer Festbrennweite.

  • Bild Konzertfotos mit extremen Kontrasten gelingen mit einer Smartphone-Kamera nicht gut. Das kamerainterne JPEG der DxO One kann sich aber sehen lassen. Um Zeichnung in hellen Bildteilen (Gesichter) zu erhalten, haben wir bei der Aufnahme -1 EV korrigiert. [Foto: MediaNord]

    Konzertfotos mit extremen Kontrasten gelingen mit einer Smartphone-Kamera nicht gut. Das kamerainterne JPEG der DxO One kann sich aber sehen lassen. Um Zeichnung in hellen Bildteilen (Gesichter) zu erhalten, haben wir bei der Aufnahme -1 EV korrigiert. [Foto: MediaNord]

  • Bild Automatisch entwickeltes SuperRAW der DxO One: Während das kamerainterne JPEG recht dunkel war, erzeugt das standardmäßig eingeschaltete "DxO Smart Lighting" einen leichten HDR-Effekt und holt so noch einiges mehr heraus (z. B. das Kleid der Sängerin). [Foto: MediaNord]

    Automatisch entwickeltes SuperRAW der DxO One: Während das kamerainterne JPEG recht dunkel war, erzeugt das standardmäßig eingeschaltete "DxO Smart Lighting" einen leichten HDR-Effekt und holt so noch einiges mehr heraus (z. B. das Kleid der Sängerin). [Foto: MediaNord]

RAW und SuperRAW

Aber die DxO One kann noch viel mehr als gute kamerainterne JPEGs aufnehmen. Jedenfalls dann, wenn du dich mit großen Raw-Dateien und deren Entwicklung auf dem Rechner (leider nicht im iPhone) herumschlagen möchtest. Auf Wunsch speichert die DxO One nämlich parallel zum JPEG wahlweise zwei verschiedene Arten von Rohdaten-Dateien: RAW und "SuperRAW". Beide Varianten landen sinnvollerweise ausschließlich auf der Micro-SD-Karte, werden also nicht ans iPhone übertragen. RAW wird als DNG-Datei gespeichert, ein Quasi-Standard von Adobe (dem sich allerdings bisher nur wenige Kamerahersteller angeschlossen haben). Solche DNGs kannst du mit jedem Programm weiterverarbeiten, das DNGs "entwickeln" kann. SuperRAW ist hingegen ein DxO-eigenes Format und hat auch die Dateiendung .DXO. Wenn du SuperRAW einschaltest, macht die DxO One bei jeder Aufnahme blitzschnell vier Aufnahmen nacheinander und speichert vier DNG-Raws in einer .DXO-Datei. Dieses Format sollst du laut DxO am besten immer dann wählen, wenn normalerweise erhöhtes Bildrauschen droht. Also in Situationen mit wenig Licht, für die die Kamera die ISO-Einstellung hochschraubt. Auch lange Belichtungszeiten wären so ein Indiz für SuperRAW, aber lange Belichtungszeiten sind für die DxO One mangels Stativgewinde eher sowieso schwierig. Die Dateigrößen der SuperRAW-.DXO-Dateien sind gewaltig. Eine DNG-Standard-Raw-Datei hat schon rund 22 bis 42 Megabyte, je nach Motiv. Bei einer SuperRAW-DXP-Datei multipliziert sich dies mal vier und du findest 80 bis 165 Megabyte große Fotos auf der Speicherkarte vor. Ist die Speicherkarte schön schnell (DxO schreibt eine UHS-I U3 Micro-SD-Karte vor), merkst du beim Fotografieren von der Datenmenge aber sonst nichts. Am iPhone kommst du ja nur mit der JPEG-Datei in Berührung.

Um die SuperRAW-Dateien zu verarbeiten, benötigst du auf deinem PC oder Mac die Software von DxO. Das wäre im einfachsten Fall das Programm DxO Connect, das, sofern installiert, automatisch aktiv wird, wenn du die DxO One per USB-Kabel an deinen PC anschließt. DxO Connect ist ein einfaches Übertragungs-Programm mit eingebauter Rohdaten-Entwicklungs-Engine. Diese arbeitet nur mit Standard-Werten bzw. automatisch, ist aber perfekt auf die DxO One Kamera abgestimmt. Im Grunde musst du dich um nichts kümmern. Die Software bietet an, alle Bilder oder eine von dir festgelegte Auswahl von der Kamera auf den PC zu übertragen und dann dort die Standard-JPEG-Dateien durch optimiert neue, auf Basis der Raw-Dateien entwickelte Versionen zu ersetzen. Dabei kannst du (getrennt für RAW und SuperRAW) einstellen, wie aufwändig DxO Connect dabei vorgehen soll. Wählst du den besten Modus (Welchen wohl sonst? Natürlich willst du deine Fotos bestmöglich entwickelt haben!), braucht die Umwandlung anschießend viel Zeit. Sehr viel Zeit. Extrem viel Zeit. Das ist der DxO-Rauschunterdrückung "Prime" geschuldet. Jene ist ein extrem aufwändiges Verfahren, das nicht Geschwindigkeit in den Vordergrund stellt, sondern bestmögliche Qualität, egal, wie lange es dauert. Ein einziges SuperRAW im besten Modus zu entwickeln dauerte bei uns auf einem durchaus schnellen Rechner mit Intel i7 Prozessor und SSD rund sechs Minuten. Zehn Bilder also gleich mal eine Stunde. 50 Fotos ungefähr 5 Stunden usw. Die Entrauschung per Prime-Rauschunterdrückung braucht viel Zeit. Natürlich musst du nicht alle Fotos nochmal neu entwickeln, es ist ja immer auch das Original-Kamera-JPEG mit dabei. Du wählst also nur die Fotos aus, die schon grundsätzlich gut gelungen sind, und erstellst von diesen nochmal eine optimierte Version. Wenn es viele sind, lässt du das am besten über Nacht laufen. Nach der Entwicklung bietet die Software dir an, das Original-Foto mit dem entwickelten JPEG zu vergleichen. Gemeint ist damit aber nicht das alte JPEG mit dem neuen JPEG (was interessant wäre), sondern das RAW (das roh immer schlecht aussieht) mit dem neu erzeugten JPEG. Interessanterweise besitzen die so entwickelten JPEGs etwas mehr Fläche im Vergleich zu den von der Kamera selbst gespeicherten JPEGs – warum auch immer. Die internen JPGs sind 5406 x 3604 Pixel groß (19,48 Megapixel), die Raw-Dateien und die daraus entwickelten JPEGs enthalten aber 5540 x 3688 Pixel (20,43 Megapixel). Wie es zu diesen immerhin 5 % Größenunterschied kommt, haben wir bei DxO angefragt, die Antwort steht noch aus.

  • Bild Beispielfoto Gollan Kulturwerft Location in Lübeck (automatisch entwickeltes SuperRAW aus der DxO One). Die Original-Dateien sowie weitere Beispielbilder haben wir am Ende dieses Artikels verlinkt. [Foto: MediaNord]

    Beispielfoto Gollan Kulturwerft Location in Lübeck (automatisch entwickeltes SuperRAW aus der DxO One). Die Original-Dateien sowie weitere Beispielbilder haben wir am Ende dieses Artikels verlinkt. [Foto: MediaNord]

Bildqualität

Der direkte Vergleich zweier solcher JPEGs (das Original ist ja noch auf der Speicherkarte, wenn du DxO Connect nicht gesagt hast, dass es das dort löschen soll) ergibt natürlich ein klares 1:0 für die aufwändig im PC entwickelten Fotos. Dort, wo es bei Schwachlicht-Aufnahmen in den Kamera-JPEGs trotz Rauschunterdrückung rauscht, ist in den PC-entwickelten JPEGs nichts dergleichen zu finden. Aquarell-Effekte treten zwar auch auf, allerdings deutlich zurückhaltender. Details werden wesentlich besser "gerettet" als die Kamera es intern vermag. Der Preis – in Rechenzeit – ist hoch, aber das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Die Software ist dabei auf einen ganz leichten HDR-Effekt voreingestellt ("DxO Smart Lighting" genannt), d. h. sie versucht, aus extrem kontrastreichen Motiven noch etwas mehr herauszuholen, als im Standard-Kamera-JPEG zutage tritt. Gerade in den ganz hellen und ganz dunklen Bereichen reizt der DxO-Rohdatenkonverter den im Raw enthaltenen Belichtungsspielraum aus und macht Details sichtbar, die im kamera-internen JPEG fehlen. Zudem sind die Fotos wunderbar knackig scharf. Die Stoff-Struktur im Kleid unserer Shopping-Barbie glänzt regelrecht und wird extrem plastisch herausgearbeitet. Und auch diese brillante Schärfe wird nicht etwa durch Scharfzeichnungsartefakte (z. B. Heiligenscheine an Kontrastkanten) erkauft, sondern die Bilder sind einfach technisch sehr gut. Das alles erfolgt, wie gesagt, vollautomatisch, ohne dass du irgendwie manuell eingreifen müsstest. Absolut gesehen ist die Bildqualität bis ISO 3200 noch sehr gut brauchbar. Die Kamera-internen JPEGs sind dann zwar ziemlich verrauscht, aber für den sofortigen Gebrauch (insbesondere nach Verkleinerung für soziale Medien usw.) ausreichend. Schon aus dem DNG (also RAW, nicht SuperRAW) entwickelt ist die Qualität dann sehr viel besser und noch wirklich gut anzuschauen. ISO6400 ist als entwickeltes DNG noch akzeptabel, bei noch höheren ISO-Werten dann nicht mehr. Da haben dann Kameras mit großem Sensor (ab APS-C-Größe) dann doch noch physikalische Vorteile, die eine Software nicht ausgleichen kann.

Es ist hauptsächlich dein Rechner, der die Arbeit hat und beim Entwickeln über Stunden ganz gut beschäftigt ist (bei uns zwischen 30 und 70 % Prozessorauslastung). Der Aufwand beim "Workflow" hält sich also wirklich in Grenzen, denn du selbst musst ja nichts manuell machen, sondern die DxO Connect Software macht das für dich. Aber du kannst, wenn du willst. Wer eine DxO One kauft, bekommt nämlich auch eine Vollversion DxO Optics Pro mit dazu, sogar in der Elite-Version (dies Zugabe ist angeblich ein zeitlich begrenztes Angebot). Das ist der sehr gute professionelle Rohdatenkonverter von DxO, der (nur in der Elite-Version) ebenfalls die Prime-Rauschunterdrückung enthält. Die Software kostet alleine knapp 200 Euro und damit kannst du dann wirklich jeden Parameter einstellen, wie du es wünscht, also manuell im Einzelfall bei Bedarf nochmal mehr aus den Rohdaten herausholen oder diese so entwickeln, wie du das Ergebnis haben möchtest. Und du kannst damit natürlich auch Raw-Dateien von anderen Kameras entwickeln – die Version ist nicht auf die DxO One Kamera beschränkt. Mit dabei ist ebenfalls eine Lizenz der Software DxO Film Pack, ebenfalls in der Elite-Version, die knapp 130 Euro kostet. Das ist ein hochwertiges Filter-Programm, dessen Aufgabe es hauptsächlich ist, sehr realistische Film-Effekte nachzustellen, inklusive der Original-Farbanmutung und des Filmkorns. Es sind aber auch diverse andere Filter enthalten wie "altes Foto", Sepia usw.

Fazit

Die DxO One ist für iPhone-Besitzer tatsächlich die "richtige" Kamera zum Immer-Dabei-Haben. Sie ist so klein, dass sie immer in irgendeine Jackentasche passt und sie ist schnell ans iPhone angesteckt und betriebsbereit. Schon die kameraintern als JPEG gespeicherten Fotos können sich sehen lassen und bieten viel mehr Detailauflösung als die von der internen iPhone-Kamera produzierten Aufnahmen. Nochmals eine ganze Klasse besser sind die Fotos, die von der DxO-Software aus den Rohdatendateien erzeugt werden. Die Entwicklung erfordert dann aber einen PC oder Mac (im iPhone oder iPad geht das nicht) und viel Rechenzeit. Dann aber lösen die Fotos das Versprechen "Spiegelreflex-Fotoqualität aus kleiner Kamera" ein. Tatsächlich haben die so entwickelten Fotos eine Qualität, wie sie sonst die derzeit besten Kompaktkameras und bezahlbaren Systemkameras (mit oder ohne Spiegel) liefern. Dafür ist der Preis von knapp 600 Euro für die DxO One angemessen, zumal du momentan auch noch DxO-Software im Wert von über 300 Euro dazu bekommst.

Vorteile

  • Sehr klein und leicht
  • Gute Bildqualität der kamerainternen JPEGs
  • Sehr gute Bildqualität der automatisch entwickelten Raw-Dateien
  • In der Einführungszeit sehr gute Software-Ausstattung (inkl. DxO Optics Pro)
  • Gute Kamera-App

Nachteile

  • Kein sinnvoller unabhängiger Betrieb möglich