Multi-Kamerasysteme bei Drohnen waren bislang Drohnen jenseits der 2.000 Euro vorbehalten. Mit der DJI Air 3 hält ein solches System jetzt Einzug in einen bezahlbaren Preisbereich, in dem es bislang ausschließlich Weitwinkel-Kameras gab. Das neue "leichte Tele" ermöglicht eine andere optische Bildsprache mit herangezoomtem Hauptmotiv. Zur preislichen Einordnung vorweg: Die DJI Air 3 gibt es ab rund 1.100 Euro, dann allerdings in "Grundausstattung". In der Regel wird man immer mindestens die Fly More Combo mit zusätzlichen Akkus kaufen, die dann mit 1.350 Euro zu Buche schlägt. Und, ganz ehrlich, eigentlich möchte man die Version mit der Display-Fernsteuerung RC 2 haben, denn wer ist es nicht leid, sein Smartphone in die Fernsteuerung zu fummeln und als Display zu verwenden. Damit liegt das Set dann bei 1.550 Euro. Diese Ausführung hatten wir auch als Test-Leihgerät vorliegen.
Wenn man nacheinander vier verschiedene Ultraleicht-Drohnen getestet hat, die die Gewichts-Schallmauer von 249 Gramm nicht überschreiten dürfen, dann kommt einem so eine DJI Air 3 schon wirklich schwer vor. Tatsächlich hat die DJI Air 3 auch gegenüber der Vorgängergeneration Air 2 und Air 2s in jeder Hinsicht zugelegt. Ein größeres Gehäuse, längere Arme, längere Propeller, größere Motoren und auch deutlich mehr Gewicht. 588 Gramm wiegt der Vorgänger Air 2s. Immerhin 720 Gramm bringt die Air 3 flugbereit inklusive Speicherkarte auf die Waage, also immerhin 22 % mehr als das Vorgängermodell und fast das Dreifache der Mini-Drohnen. Was gibt es dafür an Mehrwert?
Das ist zunächst einmal eine unglaubliche Flugstabilität, verglichen mit den Mini-Drohnen. Bei einer Mini-Drohne hat man, auch wenn diese bei bis zu 5 Windstärken fliegen können, immer ein wenig das Gefühl, dass der Wind die kleinen Dinger gleich wegpustet. Die DJI Air 3 liegt bei 5 Windstärken gefühlt wie ein Ziegelstein in der Luft. Dazu kommt der raketenhafte Aufstieg. Den Steuerknüppel nach oben und ein Steigflug beginnt, dass es eine Freude ist. Eine standardmäßig gesetzte Höhengrenze von z. B. 100 Metern ist in null Komma nichts erreicht. Dabei ist das Fluggeräusch erfreulich gering. Es ist kein grelles Surren, wie man es oft bei Drohnen hört, sondern schon fast eher ein sonores Brummen.
Dann hat die Drohne Kollisionsverhütungssensoren rundum, auch seitlich. Dabei hat die DJI Air 3 effektiv sogar weniger Sensoren als das Vorgängermodell. Die Air-2-Baureihe hatte noch allein vier Sensoren, die nach vorne oben und vorne unten ausgerichtet waren. Die DJI Air 3 benötigt für dieselbe Arbeit nur zwei Sensoren und diese blicken sogar schräg zur Seite und decken den gesamten vorderen und seitlichen Bereich, auch oben und unten, ab. Das Gleiche nochmal hinten und schon ist eine omnidirektionale Hinderniserkennung gegeben. Der "Trick" dabei liegt in den neuen Fisheye-Linsen, die ein enorm großes Bildfeld abdecken. In Verbindung mit hoher Auflösung und entsprechend leistungsfähiger Datenverarbeitung ergibt das eine Rundum-Hinderniserkennung, die es so in dieser Klasse bislang noch nicht gab. Das gleiche Verfahren setzt DJI übrigens auch in der neuen Ultraleicht-Drohne Mini 4 Pro ein, die dadurch die erste Mini-Drohne mit Rundum-Hinderniserkennung ist.
Hochwertige Verarbeitung, auch beim Zubehör Der neueste Spross der DJI Air Baureihe ist richtig "erwachsen" geworden. Die Verarbeitung der Drohne selbst war bei den Vorgängern auch schon gut. Beim Zubehör gab es aber viele Details, die einfach noch nicht perfekt waren. Fast ein Ärgernis war die Akku-Ladetechnik. Statt einer stabilen, bidirektionalen Ladebox, wie sie jetzt dabei ist, hatten die Air 2 und Air 2s eine 3er-Ladeschiene, in die Akkus eingeklinkt wurden, wobei sich das alles aber auf einer geeigneten, planen Unterlage befinden musste. Die 3-fach-Ladeschiene wurde dann wiederum an das Ladegerät angeschlossen und das hatte nicht etwa einen USB-C-Anschluss, sondern ein 230-Volt-Kabel. Das Aufladen der drei Akkus unterwegs ging also nicht so einfach und das Ganze war ein ziemliches Gebastel. Auch die Tasche war früher ziemlich einfach gestrickt und unterschied sich im Grunde nicht wesentlich von den Taschen deutlich günstigerer Drohnen. Die neue Tasche der DJI Air 3 ist hingegen eine Pracht, richtig schön verarbeitet und mit einem breiten weichen Polster am schön breiten Gurt. Dank ihres sehr praktischen Schnellverschlusses hat man zudem blitzschnell Zugriff auf den Inhalt.
Der dritte Mehrwert ist die enorme Akku-Kapazität im Vergleich zum Vorgängermodell, aber auch im Vergleich zu aktuellen Ultraleicht-Drohnen. Hier muss ja nicht so sehr aufs Gewicht geachtet werden. Insofern wiegt allein ein Akku schon 263 Gramm, also mehr als eine komplette Ultraleicht-Drohne wiegen darf. Und das schlägt sich in einer traumhaften Flugdauer nieder. Wo einem sonst – nicht nur bei leichten, sondern auch bei "normal schweren" Drohnen – eigentlich immer irgendwie die Zeit zur Rückkehr der Drohne im Nacken sitzt, kann man mit der DJI Air 3 einfach noch eine viertel Stunde länger fliegen. Ob eine halbe oder eine dreiviertel Stunde Flugzeit, das mag sich nach gar nicht so viel Unterschied anhören, ist es in der Praxis aber sehr wohl.
Praktisch wird man die Flugzeit nie voll ausnutzen. Das verhindert schon die Drohne selbst. Die ist so programmiert, dass sie es wieder sicher zurückschafft, wenn die Akku-Ladung eine bestimmte Grenze unterschreitet. Diese Grenze wiederum hängt von der Entfernung zum Piloten ab. Theoretisch ist es so, dass man die Drohnen immer in Sichtweite fliegen muss, d. h. man muss die Drohne selbst mit bloßem Auge gut sehen können. Das geht besonders schlecht, weil diese ja nicht gerade eine Leuchtkugel ist, sondern ein kleines, graues Ding, das schon nach wenigen Metern gegen den womöglich ebenfalls grauen Himmel kaum mehr auszumachen ist.
Praktisch fliegt also quasi niemand eine Drohne ausschließlich in Sichtweite. Wenn man nun also etwas weiter weg ist, dann berechnet die Drohne, wie viel Akku-Restkapazität für die sichere Rückkehr mindestens noch vorhanden sein muss. Und sie leitet von selbst die Rückkehr ein, sobald die Zeit gekommen ist. Dabei kann es durchaus noch Nervenkitzel geben, nämlich wenn man die Drohne in Windrichtung hat wegfliegen lassen. In die Richtung fliegt sie dann schneller und energiesparender als auf dem Rückweg. Auf dem Rückweg muss sich das Fluggerät gegen den Wind zurückkämpfen und der Pilot sieht mitunter auf dem Display die noch verfügbare Restflugzeit weitaus schneller schwinden als ihm lieb ist. Ein kleiner Tipp für solche Fälle: Nicht höher zurückfliegen als unbedingt nötig. Eine automatische Rückkehrhöhe von z. B. 50 Metern einzustellen, wenn die Umgebung dies gar nicht erfordert, ist z. B. eine schlechte Idee. In 50 Metern Höhe weht immer deutlich mehr Wind als z. B. in 15 Metern Höhe. D. h. der Rückflug auf z. B. 15 m Höhe ist oft wesentlich energiesparender als der Rückflug in größerer Höhe.
Mit einer Drohne, die z. B. nur 30 Minuten nominale Flugzeit hat, wird man womöglich schon nach 15 Minuten wieder umdrehen müssen oder die Drohne tut es sogar von selbst. Selbst wenn diese nicht grenzwertig weit weg ist, ist meist spätestens nach 20 Minuten Schluss, denn auf den Nervenkitzel, die Drohne mit 1 % Restkapazität landen zu sehen, kann wohl jeder Drohnenbesitzer verzichten. Unter den gleichen Flugbedingungen stehen der DJI Air 3 mindestens 15 Minuten mehr effektive Flugzeit zur Verfügung. Bei 46 Minuten nominaler Flugzeit kann die DJI Air 3 also effektiv 30 bis 36 Minuten in der Luft bleiben, bevor man den Rückflug einleitet. Damit fliegt es sich schon wesentlich entspannter und man hat einfach viel mehr Ruhe und Zeit sich schöne Foto- und Videomotive zu suchen.
Pfiffige "Umladefunktion" Neu und wirklich nützlich: Die neue Akkuladestation unterstützt eine Akkumulationsfunktion. Drückt man die Funktionstaste an der neuen Akkuladestation etwas länger, wird die verbleibende Ladung der relativ leeren Akkus in den Akku mit der höchsten verbleibenden Energiemenge übertragen. Haben die Akkus z. B. noch Restladungen von 15 %, 25 % und 50 %, so lädt die Ladestation das unterwegs, in der Tasche, so um, dass die Akkus 0 %, 0 %, 90 % haben. So kann man die verbleibende Restkapazität in den für einen sinnvollen Flug zu leeren Akkus nutzen, um den vollsten Akku noch weiter aufzufüllen und mit diesem noch wieder sinnvoll abheben zu können.