Abseits des Imperiums von Marktführer DJI gibt es durchaus noch einige weitere interessante Hersteller. Yuneec beispielsweise, die sich allerdings aus dem Markt der günstigeren Drohnen für einen breiten Markt zurückgezogen haben. Oder Hubsan, die aber auf dem europäischen Markt nicht aktiv sind. Oder Autel Robotics, der einzige Drohnen-Hersteller, der mit einem großen und gut besuchten Stand auf der diesjährigen IFA (Internationale Funkausstellung) in Berlin war (wir berichteten). Wie sich deren Produkte und natürlich die zugehörige Smartphone-App "anfühlen", wollten wir gern einmal ausprobieren und haben haben Autel Robotics um ein Testgerät gebeten – und bekommen.
Dabei war gar nicht so wichtig, welches Gerät genau wir testen. Es ging darum, die zwangsläufig dazugehörige App zu testen, den Registrierungsprozess, wie die Firmware-Updates laufen und wie Smartphone-App, Fernsteuerung und Drohne zusammenarbeiten. Das sollte ja im Wesentlichen bei allen Drohnen von Autel Robotics gleich oder zumindest ähnlich sein. Zwei Testgeräte hatten wir zur Auswahl und haben uns unter diesen für die unserer Meinung nach derzeit interessanteste Geräteklasse entschieden: Eine Ultraleicht-Drohne mit weniger als 250 Gramm Gewicht, aber sehr potenter Kamera mit etwas größerem, hochauflösenden Bildsensor, der für eine gute Bildqualität spricht. Natürlich schauen wir uns in diesem Test auch die Drohne selbst an, ihr Flugverhalten und vor allem die Kameraleistung, denn Bildqualität bei Foto und Video ist uns auf digitalEyes.de extrem wichtig. Wir fliegen ja nicht "zum Spaß" sozusagen, sondern um tolle Bilder nach Hause zu bringen.
Die uns vorliegende Drohne heißt "Autel Evo Nano+". Kurz zur Namens-Systematik bei Autel: "Evo" heißen bei Auto Robotics praktisch alle Foto-Drohnen bzw. genauer gesagt muss man sagen: die Foto- und Video-Quadrokopter. Denn Autel hat nicht nur die "üblichen" Quadrokopter im Programm, sondern auch senkrecht startende Gleit-Drohnen, die eher einem Flugzeug gleichen, und natürlich auch filmen und fotografieren können; die Serie heißt "Dragonfish", richtet sich aber an gewerbliche Anwender. Evo ist also sowas wie eine Sub-Marke. Etwas wie Lumix bei Panasonic oder vielleicht wie Phantom oder Mavic bei DJI. Das "Nano" ist dann die Einordnung in die Größen-Klasse. "Nano" sind bei Autel die 249 Gramm leichten Drohnen. Daneben gibt es noch die "Evo Lite"-Serie mit Drohnen, die unter 1 Kilogramm wiegen und etwas teurer sind. Nach oben hin gibt es die Evo II Serie. Deren Version 2 ist derzeit komplett "Out of Stock", also nicht mehr lieferbar. Die neue Serie Version 3 ist bereits angekündigt und soll in Kürze erscheinen. Dort bewegt man sich dann in der 1-Zoll-Sensor-Klasse mit 6K-Videoauflösung.
Das Plus ("+") innerhalb der Evo Nano und Evo Lite Baureihen gibt wiederum die Qualität der Kamera an. Hier haben wir es also mit der besseren der beiden erhältlichen Kameras zu tun. Autel Evo Nano "ohne Plus" hat eine "normale" Kamera mit kleinerem 1/2-Zoll-Bildsensor mit 48 Megapixel und "nur" F2,8 lichtstarkem Objektiv. Deutlich spannender finden wir die uns vorliegende Plus-Version mit deutlich größerem 1/1,28-Zoll-Sensor (die meisten Hersteller runden das zu 1/1,3-Zoll, Autel gibt es auch zusätzlich als 0,8 Zoll an), der 50-Megapixel-Fotos schaffen soll und eine Lichtstärke von F1,9 hat. Eine Besonderheit des Sensors ist seine RYYB-Bayer-Filter-Bestückung statt der üblichen RGB (eigentlich RGGB bzw. RGBG, ganz wie man es nimmt). Statt grüner Farbfilter sind hier also gelbe Farbfilter im Einsatz. Diese Farbfilter-Variante soll in Verbindung mit hoher Objektiv-Lichtstärke für bessere Bilder unter schlechten Lichtbedingungen sorgen. Die Kamera kann HDR, soll also kontrastreiche Szenen besonders gut einfangen können. Scharf gestellt wird mittels kombiniertem Phasen- und Kontrast-Autofokus.
Mit weiteren Details zur Kamera wirbt Autel Robotics nicht. Man muss schon in die technischen Daten schauen, um mehr zu erfahren. Das Objektiv hat einen Bildwinkel von 85 Grad bzw. 23 mm Kleinbild-äquivalenter Brennweite, also ziemlich weitwinklig. Die Foto-Bildgröße beträgt tatsächlich nicht 48 Megapixel (wie sonst üblich), sondern 50 Megapixel, die wahlweise gleich auf 12,5 Megapixel heruntergerechnet werden, was erfahrungsgemäß Sinn ergibt. Gespeichert wird wahlweise nur in JPEG oder 10-Bit-DNG (auch beides). Es gibt Foto-Funktionen für Serienbilder (Burst), Belichtungs-Reihen und Intervallaufnahmen. HDR-Fotos sind auf 4K-Auflösung beschränkt, also eher nicht spannend.
Die höchste Videoauflösung ist 4K mit 30, 25 oder 24 Bildern pro Sekunde, alternativ 2,7K mit den gleichen Frequenzen. Geht man runter auf FullHD, dann sind auch 60/50/48 Bilder pro Sekunde zusätzlich drin, das alles wahlweise auch in HDR. Codiert wird wahlweise in H.264 oder H.265 mit einer Bitrate von bis zu 100 MBit/s. Die Bildwiederholraten sind heute eher am unteren Level. DJI schafft beim Konkurrenzprodukt Mini 3 Pro höhere Bildfrequenzen und damit auch Zeitlupen. Die 4K30 sind bei DJI mittlerweile in der Einstiegsklasse angesiedelt. Gespeichert wird übrigens auf Micro-SD-Speicherkarten, UHS-3-Geschwindigkeit wird dabei vorausgesetzt.
Die Drohne hat Hinderniserkennungssensoren vorne, hinten und unten, ist hier also auf gleichem Niveau wie die DJI Mini 3 Pro. Livebild-Übertragung soll mit FCC-Sendeleistung (nicht in Europa) bis 10 km funktionieren, mit CE-Sendeleistung (in Europa) sollen es bis zu 5 km sein. Die Bildübertragung soll angeblich mit 2,7K30 erfolgen, das wäre schon sehr viel. Die zugehörige Smartphone App nennt sich Autel Sky. Es gibt sie für iOS ab Version 13 und Android ab Version 6. Zu Anforderungen hinsichtlich der Smartphone-Hardware fanden wir keine Hinweise. In unserem Test kam ein Google Pixel 6a mit Android 13 zum Einsatz.
Eine Besonderheit der Autel Drohnen ist noch, dass es sie in verschiedenen Farben gibt. Unser Evo Nano+ Testgerät kam in der Farbe Autel Orange, was mal etwas anderes ist als das übliche Hellgrau. Vor allem sieht man Drohnen in dieser Farbe etwas besser. Daneben gibt es sie mit hellgrauem, weißem oder rotem Gehäuse mit jeweils dazu passenden Akkus, die übrigens für bis zu 28 Minuten Flugdauer am Stück reichen sollen. Unser Test-Set war das so genannte Premium-Bundle, bei dem gleich insgesamt drei Akkus mit dabei waren. Mit dabei war auch eine platzsparende Ladeschiene, auf der sich bis zu drei Akkus gleichzeitig einstecken und nacheinander laden lassen.
Praktische Funktion dabei: Nach dem Einstecken des USB-C-Ladekabels ermittelt die unscheinbare Ladeschiene erst einmal den Ladezustand aller drei angedockten Akkus und lädt diese dann nicht etwa einfach der Reihe nach voll, sondern beginnt mit dem Akku, der noch am meisten Restladung enthält. So ist dieser Akku am schnellsten wieder voll und kann danach direkt zum Flug genutzt werden. Danach ist der Akku mit dem nächstbesten Füllstand dran, und so weiter. Ein sehr sinnvolles Ladekonzept! Eine Taste am Akku ermöglicht es, jederzeit den Akkuladezustand mittels vier LEDs anzuzeigen. Dieselben LEDs informieren beim Laden über den Fortschritt.
Auch mit dabei waren eine hochwertige Tasche aus textilem Material und ein Ladegerät (in unserem Fall mit US-Amerikanischem Stecker). Und zum Lieferumfang gehört natürlich in jedem Fall eine Fernsteuerung. Diese ist bei allen Versionen in schwarz gehalten, im Griffbereich großzügig gummiert und liegt gut in der Hand. Die Steuerknüppel müssen, wie üblich, vor der Benutzung aufgeschraubt werden. Eine Halterung dafür gibt es an der Fernsteuerung nicht, aber die Tasche hält einige Reißverschlussfächer bereit, in denen die Steuerknüppel sicher untergebracht werden können. An der vom Piloten abgewandten Seite wird das Smartphone in eine mechanisch sehr stabile Halterung eingesetzt, die auch große Smartphones inklusive Handyhülle aufnimmt, aber keine Tablet-Computer. Durch ihre ausladenden Handgriffe und die weit hervorstehende Smartphone-Halterung ist das Packmaß der Autel Fernsteuerung etwas größer als wir es von Konkurrenzprodukten kennen, lässt sich aber völlig problemlos zusammen mit der Drohne und sämtlichem Zubehör in der Tasche verstauen.
Die Hardware-Tasten der Fernsteuerung sind aufs Nötigste beschränkt. Auf der Oberseite finden sich links die Return-Home-Taste, in der Mitte der Ein/Aus-Taster und rechts eine "Pause"-Taste, die z. B. automatische Flugmanöver pausiert und die Drohne dann auf der Stelle schweben lässt. Auf der dem Piloten abgewandten Seite, also an der Zeigefinger-Position, befindet sich rechts der Foto- und Video-Auslöser (Foto aufnehmen oder Video Start/Stopp), links das Rad für die Gimbal-Neigung, darüber eine Funktionstaste. Eine vierstufige LED-Anzeige gibt nur im eingeschalteten Zustand Auskunft über den Ladezustand der Fernsteuerung. Ausgeschaltet gibt es keine Möglichkeit, den Ladezustand abzufragen.
Die Drohne selbst ist natürlich sehr auf Leichtbau gezüchtet. 245 Gramm haben wir gewogen, inklusive Speicherkarte (die praktisch nichts wiegt) und Akku, der alleine 80 Gramm auf die Waage bringt. Design und Verarbeitung wirken nicht so hochwertig bei der DJI Mini 3 und Mini 3 Pro. In Verbindung mit dem quietsch-orangenem Gehäuse werden die meisten "Zuschauer" hier eher eine Spielzeug-Drohne vermuten als eine ernsthafte fliegende Kamera. Ein solches "Understatement" kann aber auch nützlich sein: Vor dieser Mini-Drohne hat sicherlich niemand "Angst". Der mitgelieferte Gimbal-Schutz lässt sich übrigens einfach anbringen. Mitgeliefert wird auch eine Art Gurt aus Gummi, den man in einer bestimmten Weise an das Gehäuse klippen und dann schließen kann. Richtig angelegt hält der Gurt die Arme und Propeller sicher in Position. In der Tasche erscheint uns eine solche Maßnahme aber unnötig umständlich. Würde man die Drohne einmal alleine ohne die Tasche transportieren, wäre der Gurt sicherlich ganz praktisch.
Inbetriebnahme
Die Inbetriebnahme startet wie üblich mit der Installation der zugehörigen App AutelSky und der Verbindung des Smartphones mit der Fernsteuerung. Die Smartphone-App will bei Erstinbetriebnahme eine Benutzerregistrierung, bei der die E-Mail-Adresse verifiziert werden muss. Das Einschalten der Drohne und der Fernsteuerung erfolgt wie üblich durch kurzes und anschließend langes Drücken der jeweiligen Tasten. Nach dem Einschalten bemerkt man: Trotz 245-Gramm-Leichtbau sitzt sogar ein Lüfter in der Drohne und summt leise vor sich hin. Auch in der Fernbedienung meldet sich, allerdings erst nach länger Betriebszeit, sehr deutlich vernehmbar ein Lüfter und verhindert so eine Überhitzung.
Drohne und Fernsteuerung sind bereits gepaart (zumindest waren sie es bei unserem Testgerät). Zunächst ist die Firmware der Fernsteuerung und der Drohne zu aktualisieren, das ist üblich. Sogar die Akkus verlangten während unseres Tests nach einem Firmware-Update. Nach dem Neustart beider Geräte zeigt die Smartphone-App nach wenigen Sekunden bereits das Livebild der Drohnenkamera an. Das ging wirklich flott! Auch beim späteren Aus- und Einschalten ist das Livebild sehr schnell da. Die App lässt sich so einstellen, dass sie automatisch startet, wenn man das Smartphone mit der Fernsteuerung verbindet.
Eine erste Orientierung auf der Bedien-Oberfläche der App: Oben links steht zunächst nichtssagend "Standard", das ist der Flugmodus, für den wir auf der Fernsteuerung den Hardware-Schalter vermisst haben. Ein Fingertipp darauf bringt erstmal einen Warnhinweis auf Englisch, das die Kollisionsverhütung evtl. nicht funktioniert, wenn man man schneller als 15 Meter pro Sekunde im Ludicrous-Modus fliegt. Offenbar handelt es sich um was schnelles, vermutlich den Sport-Modus, wie er in der Anleitung heißt. Nochmal drauf getippt, dann habe ich den Smooth-Modus, das passt besser. Das wird also wohl der "Cinema"-Modus sein, wie er bei DJI heißt.