Design & Ergonomie
Wer die Ricoh Theta aus der Verpackung schält, wähnt sich zunächst in einem Sciencefiction-Film. Ein derart schlankes Gerätchen, fast ohne Bedienelemente gibt es in der bekannten Welt kaum. Mich erinnert die Theta noch am ehesten an eine stylishe Fernbedienung. Dann aber wären die beiden Kamera-Augen, die wie Türspione in einem Mietshaus glotzen, fehl am Platz. Diese Objektive weisen indes deutlich darauf hin, dass die Ricoh Theta eben doch eine Digitalkamera ist – aber eine sehr eigenwillige.
Die Theta nimmt ausschließlich vollsphärische Panorama-Fotos auf. Dabei befindet sich die Kamera im Zentrum einer gedachten Kugel, das Bild wird dann gewissermaßen auf die Innenfläche der Kugelschale projiziert. Und dazu benötigt die Theta eben zwei Objektive, die jeweils einen Bildwinkel von 180 Grad erfassen. Eines schaut dabei wie gewohnt nach vorne, das andere ist dem Fotografen zugewandt.
Auf einem planen Display lässt sich das Innere einer Kugelschale kaum abbilden, konsequenterweise verzichtet die Theta daher gleich ganz auf einen Bildschirm. Überhaupt ist sie sehr minimalistisch ausgestattet: Neben dem Auslöser gibt es noch einen Hauptschalter und einen Knopf für die WiFi-Verbindung (dazu gleich noch mehr). Eine LED signalisiert Aufnahmebereitschaft, eine weitere informiert über den Status der Wireless-Verbindung. Am Fuße des schlanken Gerätes gibt es dann noch einen Micro-USB-Anschluss sowie ein Stativgewinde.
Holstentor in Lübeck, Germany, at 3rds January 2014. Picture taken with Ricoh Theta Sperical Panorama camera mounted at the top of Megaview camera mast (see http://www.megaview.nl/). - Spherical Image - RICOH THETA
Das Lübecker Holstentor, aufgenommen mit der Ricoh Theta Panorama-Kamera, die auf einem 7 m ausgefahrenen Megaview-Hochstativ montiert war. Navigiere mit der Maus oder dem Finger im Bild. Eine größere Version bekommst du, wenn du auf das Theta-Symbol klickst. [Foto: Jan-Markus Rupprecht]
So einfach wie die Ausstattung ist, so einfach gestaltet sich auch das Fotografieren mit der Theta: Einfach die Kamera am ausgetreckten Arm ausrichten und abdrücken – fertig! Ob die Kamera dabei lotrecht aufs Motiv gerichtet wird, ist ihr herzlich egal. Unter der weißen Plastikhülle sorgt ein Lagesensor dafür, dass der Horizont immer waagerecht aufs Bild kommt. Oder genau gesagt: Die Präsentation der Kugelschale mit einem waagerecht ausgerichteten Horizont beginnt.
Ein anderes Problem kann die Theta indes nicht ganz vermeiden: Der 360-Grad-Rundumblick sorgt unweigerlich dafür, dass der Fotograf im Bild ist. Am wenigstens fällt man selber auf, wenn man die Kamera weit über dem Kopf hält. Wer das nicht möchte, schraubt die Theta auf ein Stativ und löst sie via Theta-App auf dem iPad oder iPhone aus. Das hört sich zunächst pfiffig an, ist aber in der Praxis unnötig umständlich. Zum einen steht die Theta auf ihrem schmalen Fuß alles andere als sicher, ein Stativ ist also schon fast Pflicht. Schade daher, dass ihr Ricoh nicht gleich einen kleinen Standfuß beigepackt hat. Zum zweiten fehlt der Kamera ein Selbstauslöser mit ein paar Sekunden Vorlaufzeit. So bleibt also wirklich nur die Möglichkeit zur Fernsteuerung via Mobile Device, wenn der Fotograf nicht mit aufs Bild kommen will. Und da ergibt sich dann eine weitere Einschränkung: Die Theta-App gibt es derzeit nur für iOS, für Android ist sie bislang nur angekündigt. Immerhin arbeitet Microsofts App Photosynth bereits nahtlos mit der Theta zusammen, aber ebenfalls nur unter iOS.
Foto & Video
Videos zeichnet die Ricoh Theta nicht auf, das wäre bei einer vollsphärischen Panorama-Kamera auch wenig sinnvoll. Bewegung kommt beim Betrachten der Bilder ins Spiel, etwa wenn man sich durch die Kugelsphäre bewegt oder ein- und auszoomt. Doch der Reihe nach. Zunächst einmal geht, es um die Frage, wie die Kamera überhaupt aufnimmt. Knappe Antwort: Die Theta macht alles automatisch. Dieser Vollautomatik ist der Fotograf auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, irgendwelche Einstellmöglichkeiten gibt es nicht. Mit einer kleinen Ausnahme: Wird die Kamera via Theta-App ferngesteuert, lässt sich die Belichtung in der App um -/+ 2 EV korrigieren. Einstellungen wie Weißabgleich, ISO-Zahl oder gar die Belichtungszeit kann man jedoch nicht beeinflussen – die Theta ist eben auf den schnellen Panorama-Schnappschuss ausgelegt.
Ein iPhone oder iPad oder ein Android-Gerät sollte man also möglichst dabei haben, wenn man mit der Theta unterwegs ist. Denn spätestens wenn man die Aufnahmen betrachten möchte, kommt man um das Mobilgerät nicht umhin – die Kamera hat ja kein Display. Immerhin sind frische Panoramen rasch aufs Mobilgerät übertragen, falls die Theta sie nicht schon direkt nach der Aufnahme verschicken soll. In der Theta-App navigiert man per Wischgesten zügig durch die Kugelpanoramen, ein- und auszoomen ermöglicht die App ebenfalls. Auch das Teilen der Aufnahmen hat Ricoh pfiffig gelöst: Wer seine Bilder via Facebook zugänglich machen möchte, kann das mit ein, zwei Fingertippern rasch erledigen. Gespeichert werden die Kugelpanoramen auf Ricohs Theta360-Server, der auch gleich noch das Anzeigeprogramm bereitstellt.
Als Bildbetrachter für den Rechner gibt es die Theta-Software ebenfalls, sowohl für PC wie auch für Mac. Ihr fehlt allerdings die Schnittstelle zu Facebook & Co., der Upload auf den Theta360-Server ist aber damit möglich. Bearbeitungsmöglichkeiten sucht man dagegen vergeblich – in der PC-Software wie auch bei der App. Das ist insofern schade, als sich so keine planaren beziehungsweise zylindrischen Panoramen aus den Aufnahmen extrahieren lassen. Die wären indes nötig, wenn man seine Fotos auch auf Papier präsentieren möchte.
Dass die Ricoh Theta ein Kugelpanorama aus zwei Aufnahmen zusammensetzt, sieht man ihm übrigens durchaus an. Je nach Lichtverhältnissen kann es vorkommen, dass beide Teilbilder unterschiedlich belichtet sind. Manchmal ist das jedoch OK, zum Beispiel wenn man aus einem Fenster heraus fotografiert. Dann sind sowohl der Innenraum wie auch die Szene draußen halbwegs korrekt belichtet. Erkennbar ist auch, dass an der Nahtstelle zwischen den beiden Teilbildern ein schmaler Streifen fehlt – die Kamera selber kommt also nicht mit aufs Bild. Wohl aber die Hand des Fotografen, die die Theta gehalten hat. Das sieht bisweilen kurios aus, fällt indes nur wirklich auf, wenn man kräftig hineinzoomt.