Mit der Anafi-Kameradrohne hat der französische Hersteller Parrot letztes Jahr eine sehr kleine und leichte Kameradrohne vorgestellt, die sich auf geringstes Packmaß zusammenfalten lässt. Dennoch ist das Gerät kein Spielzeug, sondern verspricht lange Flugzeit und entzerrte Fotos mit 16 Megapixeln Auflösung oder wahlweise auch Fotos mit 21 Megapixeln als DNG-Rohdaten-Datei, außerdem Videos in 4K-HDR-Qualität.
Die Parrot Anafi Drohne erreicht uns im Extended Kit. Im Lieferumfang sind neben der Drohne samt Ersatzpropeller auch die Fernbedienung ("Sky Controller 3") sowie gleich drei Akkus. Das alles zusammen passt locker in die ebenfalls mitgelieferte Tasche, die sich als überaus praktisch erweist. Im Deckel ist gut geschützt die zusammengeklappte Drohne untergebracht. Ein Aufkleber in der Tasche informiert über die WLAN-Einstellungen. Die stehen natürlich auch auf der Drohne selbst, unter dem Akku. Aber dort sieht man sie ja beim Einrichten nicht und man freut sich über den großen, gut lesbaren Aufkleber in der Tasche.
Auch dass gleich drei Akkus dabei sind, ist natürlich prima. Mit jedem der Akku erreicht die Anafi max. 25 Minuten Flugzeit. Da man aber immer sicher zurückkommen will, wird man den Akku normalerweise nie ganz leerfliegen. Dennoch ist das Kit mit den drei Akkus für insgesamt rund eine Stunde effektive Flugzeit gerüstet. Das ist wirklich sehr üppig. Die Akkus, ebenso wie der Controller, haben jeweils einen modernen USB-C-Anschluss zum Laden. Das gefiel mir besonders gut. Damit benötigt man keine Spezialladegeräte (wie bei den Produkten der Konkurrenz) und kann alle Komponenten des Anafi-Kits mit üblichen USB-C-Ladegeräten vom Smartphone oder Laptop aufladen oder mit jedem üblichen Ladegerät oder Powerpack, das einen USB-Anschluss bereitstellt.
Tipp Für die 230-Volt-Steckdose gibt es von Drittherstellern sehr preisgünstige Ladegeräte mit mehreren USB-Anschlüssen, mit denen man dann in einem Durchgang alle drei Akkus und den Controller wieder aufladen kann. Dank USB-C geht das Aufladen auch unterwegs, wenn man schon ein 12V-Ladegerät hat. Und Unterwegs lassen sich die Akkus bei Bedarf auch problemlos aus einem Powerpack (Smartphone-Zusatzakku) nachladen.
Die Anafi-Drohne ist nur 320 Gramm leicht und zusammengeklappt sehr schlank. Die vier Arme mit den Propellern auszufalten, geht kinderleicht und erfordert keinen "Lehrgang" wie beispielsweise beim direkten Konkurrenzmodell Mavic Air von DJI. Dafür ist die Haptik insgesamt nur mittelmäßig, was allerdings hauptsächlich der Leichtbauweise geschuldet ist. Rein sachlich lässt sich nichts beanstanden. Alles macht einen stabilen Eindruck, die Arme rasten beim Ausklappen mit einem deutlichen Klacken ein. Dass die winzigen Propellerflügelchen sehr dünn und elastisch sind, ist ebenfalls so ein Ding: natürlich macht das im ersten Moment nicht den besten Eindruck. Aber was sich biegt, bricht nicht, sagt man ja. Da die einzelnen Propeller-Blätter nicht starr, sondern beweglich sind, und sich erst durch die Fliehkraft automatisch ausrichten (und natürlich genauso auch bei dem geringsten Widerstand nachgeben) wird sich daran kaum jemand ernsthaft verletzen können. Überhaupt macht die kleine, leicht Drohne nicht den Eindruck als könne sie größeren Schaden anrichten. Eine Plakette mit seiner Adresse braucht man in Deutschland leider trotzdem, da ihr Gewicht über der dafür entscheidenden Grenze von 250 Gramm liegt.
Verglichen mit der Drohne ist der Controller ein vergleichsweise "dickes" Ding und wiegt auch fast 400 Gramm. Entsprechend macht er einen ganz vertrauenerweckenden, trotzdem irgendwie aber nicht endlos hochwertigen Eindruck – dafür wirken die Tasten und Hebel, insbesondere an der Stirnseite, zu billig. Indem man die WLAN-Antenne ausklappt, schaltet man den Controller ein. Er besitzt, wie in dieser Preisklasse üblich, kein eigenes Display, sondern man klemmt sein Handy in die dafür vorgesehene Spannzange zwischen Controller-Gehäuse und WLAN-Antenne. Die Position fürs Smartphone ist grundsätzlich sehr ergonomisch. Das Einspannen des Smartphones ist etwas hakelig und erfordert erheblichen Kraftaufwand. Dafür sitzt es anschließend bombenfest. Ein Nachteil dieses Art des Einspannens zeigt sich dann aber sofort: Die breite Spannfläche drückt permanent die Lautstärke-Minus-Taste unseres Google Pixel 2 XL. Da hilft es nur das Smartphone ein dezentriert einzuspannen, was wiederum kein Problem ist. Smartphones bis ca. 6 Zoll lassen sich gut einspannen, für Tablet-Computer reicht der Spannbereich nicht aus. Für Tablets bis zur 10-Zoll-Klasse bietet Parrot aber wiederum einen Adapter für 39 Euro an, der dann anstelle des Smartphones eingeklemmt wird und obendrauf sitzt dann das Tablet und man kommt in den Genuss eines Riesen-Displays. Ein Ausschalten des Controllers mit eingespanntem Smartphone geht nicht, da das Ausschalten ausschließlich über das Einklappen der Smartphone-Halterung erfolgt. Hier hätten wir einen separaten Schalter bevorzugt.
Die Verbindung zum Smartphone erfolgt über eines der mitgelieferten kurzen USB-A auf USB-C-Kabel. Auf dem Smartphone muss die App Parrot FreeFlight 6 installiert sein, die es für Android und iOS gibt und die in den App-Stores überdurchschnittlich gute Bewertungen hat. Tatsächlich erweist sich die App als übersichtlich und vielfältig in den Möglichkeiten. Man kann die App auch ohne Zwangs-Registrierung nutzen. Recht ungewöhnlich bei Drohnen ist die Option der In-App-Käufe, mit denen man Drohnen-Funktionen hinzukaufen kann. Aktuell sind dies "Follow Me" für nur 1,09 Euro sowohl im Apple App-Store als auch im Google Play-Store (Verfolgung des Smartphones per GPS oder eines Objekts visuell) und "Flight Plan" (Autonome, vorprogrammierte Flüge mit sehr vielen Optionen). Bei letzerem In App-Kauf ist die Preisgestaltung sehr merkwürdig. Während Android-User diese zum Zeitpunkt dieses Tests ebenfalls für nur 1,09 Euro nachrüsten können, müssen Besitzer eines Apple iPhones satte 19,99 Euro für dieselbe Funktion bezahlen.
Die Verbindung von Controller zum Smartphone klappte bei uns bis auf eine Ausnahme immer reibungslos. Die Konfiguration der verschiedenen Parameter der Drohne und der Kameratechnik ist daraufhin selbsterklärend und macht wirklich Spaß. Die Drohne startet und landet automatisch und kehrt präzise zum Ausgangspunkt zurück, wie man es erwarten kann. Wenn man will, kann man sie auch aus der Hand starten. Laden sollte sie aber irgendwo auf einem freien Untergrund. Beim Einschalten summt vernehmlich der in der Anafi eingebaute Lüfter. Dieser kann richtig laut werden, wenn man beispielsweise die Fotos per USB-Kabel vom der eingelegten Speicherkarte auf den PC überträgt. Das dauert zudem sehr lange. Besser, wenn auch fummelig, ist es also die Speicherkarte zu entnehmen und über ein Lesegerät auszulesen.
Im Flug ist die Anafi relativ leise. Es ist eigentlich klar, dass man Tieren mit so einem Gerät nicht allzu sehr auf die Pelle rücken soll. Die Enten, die beim Start am Lübecker Mühlenteich nun aber unvermeidlich anwesend waren, störten sich an der kleinen unauffälligen Drohne aber überhaupt nicht. Ein paar Meter in der Luft hört und sieht man von dem mausgrauen Gerät dann wirklich wenig, was natürlich Vor- und Nachteile hat. Es ist gut, wenn man jemanden dabei hat, der nichts anderes macht, als die Drohne im Blick zu haben, während man selbst eher mit der App auf dem Smartphone beschäftigt ist.
Mit dem Controller ist die Reichweite sowohl der reinen Drohnensteuerung als auch in der Livebild-Übertragung sehr zuverlässig. Theoretische Herstellerangaben bringen einem da meistens nichts, weil der Gesetzgeber ohnehin verlangt, dass die Drohne permanent im Auge behalten wird. Wir hatten die Drohne in gut 350 Metern Entfernung und dabei noch einwandfreien Livebild-Empfang, sofern die Antenne am Controller sauber in Richtung Drohne ausgerichtet war (dies schien allerdings langsam die Grenze zu sein) und einwandfreie Steuerung (hier sind vermutlich noch größere Entfernungen drin, aber dann sieht man die Drohne nicht mehr).