Die 13mm-Ultraweitwinkelkamera hat defakto ein Fisheye-Objektiv. Vergleichbar mit dem, was man von Actioncams kennt. Das ist schon brutal weitwinklig und hat entsprechend starke Verzerrungen. In der App kann man einstellen, ob man diese sofort herausrechnen lassen möchte oder lieber die Original-Bilder mit Fisheye-Effekt haben möchte. Speziell wenn man sich fürs "Geradeziehen" entscheidet, sollten möglichst im Randbereich keine Personen sein, denn diese werden dann brutal verzerrt. Für weite Landschaftsaufnahmen aber oder Innenaufnahmen in Gebäuden kann sowas nützlich sein. Auch die Ultraweitwinkel-Rückkamera hat 16 Megapixel bei einer Lichtstärke von F2,2. Die Qualität ist, ehrlich gesagt, nicht so toll. Der kleine Sensor neigt stark zum Rauschen, das die Elektronik glattbügelt und viele Details gleich mit. Mit der Auflösung ist es deshalb nicht so weit her, die 16 Megapixel sind eher Theorie. Vor allem in den Randbereichen zeigen sich sehr starke chromatische Abberationen in Form von markanten Farbsäumen. Das alles bekommen heutzutage gute Actionscams mit ähnlich weitwinkligen Objektiven deutlich besser hin. Die bleiben aber auch bisher konsequent bei 12 Megapixeln. Mehr macht unter den gegebenen Umständen offenbar keinen Sinn, zumindest lässt die Ultraweitwinkelkamera des OnePlus 7 Pro diesen Verdacht aufkommen. Genug Reserven für einen Digitalzoom bietet diese Kamera natürlich nicht. Der quasi-stufenlose Zoom im Bereich zwischen 0,6x und 1x ist damit nicht sinnvoll nutzbar.
Ganz anders sieht die Sache bei der eigentlichen Hauptkamera des OnePlus 7 Pro aus, deren Objektiv mit F1,6 übrigens sehr lichtstark ist. Der Bildsensor von Sony hat, trotz geringer Größe, sagenhafte 48 Megapixel. Zwar ist der Sensor ein klein wenig größer als übliche Smartphone-Kameras, aber 48 Megapixel sind unter diesen Rahmenbedingungen wirklich extrem viel und es ist vom Konzept her eigentlich gar nicht wirklich vorgesehen, dass die 48 Megapixel auf der Speicherkarte landen. Normalerweise fasst der Sensor immer 4 Pixel mit den Farben Grün (2 Stück), Rot und Blau zusammen zu einem Pixel mit einer vierfach großen Fläche, dass dann alle Farben enthält. Dabei kommen dann 12-Megapixel-Fotos heraus, die wirklich sehr beachtlich sind. Natürlich vollbringt die Technik keine Wunder. Kleiner Sensor bleibt kleiner Sensor. Aber die Fotos sind wirklich sehr schön detailliert und bei gutem Licht auch angenehm rauscharm. Dank F1,6-lichtstarkem Objektiv und den jeweils vier zusammengefassten Pixeln sehen auch Aufnahmen bei wenig Licht noch ziemlich gut aus. Dass die Bilder auch bei niedrigen ISO-Zahlen dabei etwas "weich" wirken, liegt an einer recht dezenten Bildaufbereitung und Schärfung. Etwas Nachbearbeitung kann da noch ein bisschen aus den Fotos herausholen. Zum Rand hin nimmt allerdings die Auflösung des Objektivs stark ab, offenbar noch dadurch verstärkt, dass eine eigentlich vorhandene Vignettierung des Objektivs dort elektronisch kompensiert wird. Im normalen Modus der App liefert die Hauptkamera übrigens grundsätzlich nur 12-Megapixel-Fotos. Dafür hat man dort wieder die Möglichkeit elektronisch zu zoomen, bis das 3x-Teleobjektiv anschließt. Das mag irgendwie gehen, aber die Qualität nimmt dann natürlich sofort signifikant ab, weil fürs 12 Megapixel Endergebnis mit jedem weiteren Zoom immer weniger Ausgangspixel zur Verfügung stehen.
Will man die versprochenen 48 Megapixel mal sehen, muss man in den Pro-Modus wechseln. Das ist standardmäßig nur etwas umständlich über das Ausklapp-Menü möglich. Man kann sich den Pro-Modus aber auch ins Hauptmenü innerhalb der App legen und sogar die Position dort selbst bestimmen. Im Pro-Modus kann dann nicht mehr gezoomt werden, d. h. der Pro-Modus spricht nur die Hauptkamera an. Als Bildformate stehen JPEG (12 Megapixel), JPEG 48 Megapixel und RAW zur Verfügung. Raw-Dateien werden als DNG gespeichert und haben grundsätzlich nur 12 Megapixel, warum, wissen wir nicht. Die DNGs sind immerhin rund 25 MByte groß, die 48-Megapixel-JPEGs kommen auf 12 bis 15 Megabyte. So richtig schön sehen die 48-Megapixel-JPEGs bei näherer Betrachtung nicht aus. Das sind schon wilde Effekte und Strukturen, die man da entdeckt und die nichts mit dem Motiv zu tun haben. Mit dem, was man sonst so als Endergebnis kennt, hat das wenig zu tun. Dies alles natürlich bei eingehender Betrachtung in der 100%-Darstellung auf einem großen Monitor. Auf dem Smartphone-Display sieht das durchaus beachtlich aus. Und tatsächlich sind da noch ein paar mehr Details drin als in der 12-Megapixel-Version. Beispielsweise kann man in einem von mir aufgenommenen Vergleichsbild in der 48-Megapixel-Version noch die Schrift auf einem Verkaufsschild lesen, was in der 12-Megapixel-Version absolut nicht mehr geht. Selbst beim Herunterrechnen mit Nachschärfen auf 12 Megapixel sind noch mehr Details enthalten. In allen anderen Punkten schneidet ein auf diese Weise verarbeitetes Foto aber deutlich schlechter ab, sodass ich empfehle bei den 12-Megapixel-JPEGs zu bleiben. Auch die DNG machen offenbar nur viel Arbeit ohne echten Qualitätsgewinn. Möglicherweise könnte aber OnePlus künftig noch etwas an der Abstimmung der Bildbearbeitung feilen. Für meinen Geschmack könnten die Fotos weniger glatt, weniger soft, dafür knackiger und etwas mehr scharfgezeichnet sein. Einstellungsmöglichkeiten für solches Feintuning bietet die OnePlus-Kamera-App weder im normalen, noch im Pro-Modus.
Die Telekamera des Dreiergespann ist eine schöne Ergänzung. Wer "zoomen" (tatsächlich wird ja die Festbrennweite gewechselt), also etwas heranholen muss, wird sich über die Kamera mit dem 74mm-Objektiv freuen. Natürlich ist 74 Millimeter Kleinbild-Brennweite nicht wirklich viel Tele. Im Vergleich zur 27mm Hauptkamera dann aber eben doch ein ordentlicher Sprung, immerhin Faktor 3. Die Kamera liefert zwar nur 8 Megapixel mit einem mit F2,4 noch recht lichtstarken Objektiv. Die Qualität kann sich aber durchaus sehen lassen. Erfreulich ist vor allem die völlig gleichmäßige Qualität in der Bildmitte und am Rand. Keine Verzeichnungen, kein Auflösungsverlust zum Rand hin, keine sichtbaren Farbräume. Super. In dieser Hinsicht hat es die Kamera mit ihrer 74-Millimeter-Brennweite natürlich viel einfacher als die beiden anderen mit ihren Weitwinkel-Objektiven. Interessanterweise ist die Telekamera deutlich knackiger abgestimmt, was mir eigentlich gut gefällt. Dadurch haben deren Fotos allerdings eine völlig andere Anmutung als die mit der Hauptkamera gemachten Aufnahmen. Nur eins sollte man mit der Telekamera wirklich nicht machen: weiter reinzoomen als die 3x, die sie effektiv hat.
Die Kamera-App des OnePlus 7 Pro ist recht gut, aber auch etwas eigenwillig. Nur im normalen Modus sind alle drei Kameras nutzbar, dann läuft aber wirklich alles automatisch. Der Anwender hat keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Automatik. Nicht einmal eine Belichtungskorrektur gibt es. Aller erweiterten Möglichkeiten funktionieren nur im Pro-Modus, dann aber ausschließlich mit der Hauptkamera. Im Pro-Modus macht die Kamera keine Serienbilder, im Standard-Modus schon, dann aber auch nur mit der Weitwinkel- und der Hauptkamera, nicht mit Telekamera. Die Serienbild-Geschwindigkeit ist übrigens enorm: 20 Bilder in Folge macht das OnePlus 7 Pro mit einer Geschwindigkeit von fast 30 Bildern pro Sekunde. Auch beim Videofilmen wird übrigens nur die Hauptkamera genutzt. 4K-Videos haben eine Datenrate von rund 43 MBit/s. Das ist für 4K nicht gerade viel, aber noch in Ordnung.
Fazit
Das OnePlus 7 Pro ist eines der leistungsfähigsten und edelsten Smartphones, das man derzeit kaufen kann. Das Display ist riesig und praktisch randlos und braucht dank ausfahrbarer Frontkamera keinen Ausschnitt ("Notch"). Prozessorleistung und Grafikleistung sind in Hülle und Fülle vorhanden. Arbeitsspeicher und Flash-Speicher ebenso. Die Kameras sind recht unterschiedlich abgestimmt. Für eine bestmögliche Qualität sollte man sie möglichst nur in ihrer nativen Auflösung betreiben und keine anderen Zoom-Werte als 0,6x, 1x und 3x nutzen. Die 16-Megapixel-Ultraweitwinkelkamera überzeugt uns nicht ganz, zu schlecht ist die Auflösung, zu stark die Farbsäume. Klasse ist hingegen die 48-Megapixel-Hauptkamera, mit der man in der Praxis sicherlich 12-Megapixel-JPEGs machen wird (48 Megapixel JPEGs und 12-Megapixel-DNGs bieten keinen wirklichen Mehrwert). Die 8-Megapixel-Telekamera schlägt sich erstaunlich gut und ist eine nette Ergänzung, wenn man etwas Tele haben möchte. Insgesamt eine klare Empfehlung für alle, die sich für große Android-Smartphones interessieren.
Vorteile
- riesiges Display ohne Kameraaussparung
- extrem schmale Ränder
- sehr leistungsfähig
- sehr gute Haupt-Kamera
- edles Finish
Nachteile
- eher schwache Ultraweitwinkel-Kamera
- manchen Anwendern wahrscheinlich zu groß und zu schwer
- keine Klinken-Kopfhörerbuchse