Äußerlich ist die GoPro Hero6 Black mit der in 2016 vorgestellten Hero5 Black praktisch identisch. In unserer News-Ankündigung der Hero6 hatten wir noch vermutet, dass die Typenbezeichnung an der linken Gehäuseseite (von vorn auf die Kamera geguckt) nun deutlich sichtbarer ist als bei der Hero5. Dies war jedoch ein Trugschluss aufgrund einiger "Fotos" auf der GoPro-Website, die wohl Renderings sind und der Realität nicht ganz entsprechen. Tatsächlich ist der Schriftzug bei der Hero6 ebenfalls kaum zu sehen. Wenn du beide Kameras vor dir hast, musst du schon SEHR genau hinschauen und gutes Licht haben, um eine ausgeschaltete Hero5 von einer ausgeschalteten Hero6 zu unterscheiden. Nach dem Einschalten lassen sich beim Menü schon eher Unterschiede ausmachen, aber das muss nicht so bleiben. Es kann gut sein, dass die Hero5 mit einem Firmware-Update auch diese optischen Unterschiede noch verliert. Aber eine solche Produktfortführung ist ja zu begrüßen, immerhin erleichtert sie Benutzern den Umstieg und Zubehörhersteller können ihr Zubehör für GoPro-Kameras weiter verkaufen und Kunden, die solches Zubehör haben, können es mit der nächsten Kamerageneration weiter benutzen. Winzige Unterschiede lassen sich übrigens beim mitgelieferten Halterahmen entdecken. Da hat GoPro offenbar noch ein bisschen Feinschliff betrieben. Die Kennzeichnung, wie die Halterung zu öffnen ist, ist jetzt deutlicher.
Spannend sind also eher die inneren Werte der Kamera selbst, die sich noch weiter verbessert haben. Wobei, wenn man sich im Internet umschaut, nicht nur ich mich gewundert habe, dass die neue Kamera nicht auf den Namen "Hero5Plus" hört, denn so hat GoPro es früher schon einmal gemacht (bei der Hero3 und Hero3+), wenn die Kameras äußerlich identisch waren, aber unterschiedliche technische Daten aufwiesen. Denn sehr viel mehr ist es scheinbar nicht, was die Hero6 gegenüber der Hero5 Neues bietet. Aber die neue Zahl im Namen macht den Generationssprung natürlich deutlicher und im Inneren der Kamera soll sich ja auch viel mehr getan haben als der Anwender von außen wahrnimmt.
GoPro-Chef Nick Woodman erzählte bei seiner Vorstellung der Hero6, dass die Kamera einen komplett neuen, leistungsfähigen Prozessor enthält, der erstmals "selbstentwickelt" sei, also evtl. tatsächlich ein Prozessor, den nur GoPro nutzt. Bei bisherigen GoPro-Kameras war es ein mehr oder weniger offenes Geheimnis, dass da Prozessoren (SOC, System on Chip) von Ambarella drinstecken. Die sind auch das Herz vieler anderer Actioncams, was aber nicht zwangsweise bedeutet, dass die Prozessoren in GoPro-Kameras genau baugleich mit denen von anderen Kameras sein müssen. Der neue Prozessor hört jedenfalls auf den Namen GP1, was offenbar für GoPro Chip No. 1 steht.
Die Hero6 hat laut GoPro die doppelte Leistung im Vergleich zur Hero5. Das äußert sich nominal erstmal in 4K-Video mit 60 Bildern/s (fps), gut bei sehr flüssigen, hochauflösenden Actionaufnahmen. In FullHD/1080p sind damit bis zu 240 fps möglich. Das reicht dann fast bis 10-fache Zeitlupe, wenn man die Filme mit 25 fps wiedergibt, oder immer noch 8-fache Zeitlupe bei 30 fps Wiedergabe. Auch damit kann die Hero6 dienen: die alte, von GoPro schon vor Jahren eingeführte 2,7K-Auflösung (2704 x 1520 Pixel) schafft sie mit satten 120 fps, d. h. damit sind 4-fache Zeitlupen in wirklich beeindruckender Auflösung auch auf großen 4K-Bildschirmen möglich (auch wenn dann noch etwas skaliert wird). Sehr interessant ist auch die Auflösung 4096 x 3072 Pixel. GoPro nennt diese "4k 4:3". Bei dieser Auflösung werden 30 fps erreicht und diese Auflösung erklärt die nächste kleine Sensation (zumindest für die Technik-Freaks unter uns). Der Übersichtlichkeit halber extrem reduziert wurden alle Auflösungen unterhalb von FullHD, die braucht sowieso kein Mensch mehr: 720p steht nur noch mit 60 und 50 fps zur Verfügung. Wie gut die Ergebnisse mit den verschiedenen Auflösungen und Bildwiederholfrequenzen sind, haben wir uns natürlich angeschaut und weiter unten im Abschnitt "Bildqualität" aufgeschrieben.
Ebenfalls verbessert wurde angeblich die elektronische Bildstabilisierung, die GoPro ja überhaupt erst mit der Hero5 eingeführt hat. Tatsächlich ist das Thema "elektronische Bildstabilisierung" ein relativ heißes Eisen. Bis vor gut einem Jahr hatten zahlreiche Actioncam-Hersteller das Feature in ihren Datenblättern stehen, aber zu mehr als fürs Datenblatt taugte das regelmäßig nicht. Der einzige Hersteller, der das lange Zeit gut konnte, war Sony. Von GoPro wiederum weiß man ja, dass die, wenn die etwas machen, das relativ richtig machen (wenige Ausnahmen bestätigen die Regel) und keine Sachen versprechen, die nicht funktionieren. Deshalb hat GoPro um die Bildstabilisierung lange einen Bogen gemacht. Erst mit der Hero5 wurde diese eingeführt. Aber die funktionierte (natürlich) nicht bei den höchsten Auflösungen – der Prozessor war nicht leistungsfähig genug. Davon können auch alle Mitbewerber ein Lied singen, deren Bildstabilisierung ebenfalls nur in den niedrigen Auflösungen funktioniert. Sony ist mittlerweile einen Schritt weiter und hat eine aufwändige optische Bildstabilisierung in seinem Spitzenmodell verbaut, die wirklich beeindruckend funktioniert und unabhängig von der Auflösung ist (also auch in 4K funktioniert), da sie keine große Prozessorleistung erfordert. Zwei Nachteile hat die Sony-Technik allerdings: Sie kann keine Rotationsbewegungen ausgleichen (oder kaum, wie unser Test ergab) und der Einbau solcher möglicherweise nicht völlig unempfindlicher, beweglicher Komponenten in einer Actioncam, die ja ggf. extrem robust sein muss, mag vielleicht auch nicht jedem behagen. Die Hero6 kann nun elektronische Bildstabilisierung in drei Achsen, d. h. auf und ab, links und rechts und eben Rotationsbewegungen (in Achse des Objektivs), wie sie in der Praxis auch oft vorkommen, beispielsweise unter einem Kopter oder auf einem Boot. Und hier kommt die Auflösung 4096 x 3072 ins Spiel, die ich oben erwähnt habe. Ganz offensichtlich filmt die Hero6 in diesem Format und hat dann einiges mehr an Pixeln in der Breite und in der Höhe, aus denen sie bei der Stabilisierung schöpfen kann. Bei der Vorstellung der Hero6 legte GoPro noch Wert darauf, dass der Bildwinkelverlust durch die Bildstabilisierung nur 5 % beträgt (bei der Hero5 waren es 10 %, funktionierte aber bei 4K nicht). Nach dem Firmware-Update auf die Version v01.60 sind es aber auch bei der Hero6 nun 10 %, die die Kamera durch Einschalten der Bildstabilisation im FOV-Modus "Wide" einbüßt. Tatsächlich funktioniert die Stabilisierung hervorragend. Die von GoPro angegebenen 10 % Bildwinkelverlust beziehen sich tatsächlich auf normale 4K-Filme im 16:9-Format. Darüber hinaus stehen der Stabilisierung aber die zusätzlichen Pixel aus dem 4K-4:3-Format zur Verfügung – also etwas mehr Breite und viel mehr Höhe. Damit hat die Elektronik genug "Futter" für ein stabilisiertes 4K-Bild. Starke Schläge, beispielsweise beim Fahrradfahren auf schlechtem Weg oder durch Schlaglöcher kann die Stabilisierung natürlich nicht völlig ausgleichen, dafür sind die Ausschläge zu hoch. Aber bei einer gedämpften Montage auf einem Helm, an einem Brustgurt oder wenn du die Kamera bemüht ruhig aus der Hand führst, entstehen schön stabilisierte Videos in hoher Auflösung. Insbesondere schnelle Zitterbewegungen und Vibrationen werden sehr gut ausgeglichen. Bei engerem Bildwinkel wird die Stabilisierung dann tatsächlich nochmals besser.
Ein einfaches "enges" Sichtfeld/FOV wie bei bisherigen GoPro-Kameras gibt es übrigens gar nicht mehr, sondern das ist dann automatisch auch gleich entzerrt, im GoPro-Jargon heißt das "Linear". Das ist eine von mir sehr geschätzte elektronische Objektivkorrektur, die es schon etwas länger bei der Yi 4K Actioncam gibt. Bei GoPro hatte die Hero5 das erstmalig. Die Sichtfeld-Einstellung "Linear" bedingt aber eine niedrigere Auflösung und eine niedrigere Bildfrequenz. Bei 4K-Auflösung reichen die vorhandenen Pixel des Sensors für einen Bildausschnitt nicht. Bei hohen Frame-Raten ist nicht genug Rechenleistung für eine aufwändige Bildumrechnung in Echtzeit vorhanden. Bis zu 2,7K mit 60 fps (oder 1080p120) kannst du die Bilder elektronisch geradeziehen lassen. Im Foto-Modus bietet GoPro das enge, linearisierte Bildfeld hingegen an, und zwar auch bei den Highspeed-Serienaufnahmen. Dabei werden die bis zu 30 Fotos erst einmal normal geschossen und dann während des Speichervorgangs beschnitten und gradegerechnet. Am Ende landen dann wieder 12-Megapixel-Fotos auf der Speicherkarte, aber eigentlich sind es gar keine. Ich habe mit den Bildausschnitt einmal angeschaut und das Vorgehen in Photoshop nachgestellt. Für den engen Bildausschnitt nutzt die Hero6 von den 12 Megapixeln gerade einmal ungefähr 7 Megapixel. Entsprechend darf man von den entzerrten Fotos der Hero6 wirklich keine Wunder erwarten. Auf den ersten Blick sehen diese super aus, gerade auf kleinen Displays. Auf den zweiten Blick bzw. beim Reinzoomen oder bei der Betrachtung auf einem großen, hochauflösenden Monitor, sieht man dann aber doch, dass das keine echten 12 Megapixel sind, sondern nur ein hochskalierter Bildausschnitt, im Grunde also ein "Digitalzoom".
Ein solches digitales Zoom feiert GoPro auch generell als Neuheit bei der Hero6. Wenn du auf dem Touchscreen die FOV-Auswahl (also die Einstellung des Bildwinkels) auswählst, dann findest du jetzt in den meisten Auflösungen einen Zoom-Regler auf dem Bildschirm, mit dem du den Bildausschnitt stufenlos wählen kannst. Das funktioniert natürlich nicht bei der FOV-Einstellung "Superview" (= maximaler Bildwinkel, sogar mit Verzerrung 4:3 auf 16:9) und nicht in 4K-Auflösung, denn in beiden Fällen wird die ganze Sensorfläche benötigt. Wenn du dem Sensor aber mehr Auflösung bereitstellst als das Endformat braucht, kannst du den Bildausschnitt stufenlos zoomen. Das ist ein nettes Feature und bei Videos mit ihrer niedrigeren Auflösung auch durchaus sinnvoll. GoPro bietet den Digitalzoom aber auch bei Fotos an und speichert dann nicht beispielsweise einen 4- oder 6-Megapixel-Bildausschnitt, sondern der Bildausschnitt wird auf 12 Megapixel hochskaliert. Auf die Bildqualität gehe ich später im Abschnitt Bild- und Tonqualität ein.
Viele andere Neuerungen zur Verbesserung der Bildqualität hören sich erstmal recht theoretisch an, was nicht heißt, dass sie nicht in der Praxis Großes leisten können. Ein Global Tone Mapping (GTM) beim Video soll signifikant kontrastreichere und realistischere Videos ermöglichen. Bis zu zwei Brennweiten mehr Dynamikumfang verspricht GoPro. Ein Nebeneffekt sollen bessere, kräftigere Farben sein. Deutlich verbessert worden sollen auch die Low-Light-Fähigkeiten sein. Auch dazu später mehr bei der Bildqualität.
Noch kurz ein Wort zu den Aufnahmeformaten. In unserer Ankündigung der Hero6 hatten wir geschrieben, dass sich bei der Hero6 wahlweise das normale H.264/AVC oder das neuere, effizientere H.265/HEVC einstellen lässt. Das ist so nicht richtig, d. h. das Kompressionsverfahren kann gar nicht gewählt werden, sondern es hängt von der eingestellten Auflösung bzw. Bildwiederholfrequenz ab. Du kannst im Grunde einfach davon ausgehen, dass die jeweils anspruchsvollsten Videoauflösungen und Zeitlupenaufnahmen HEVC (H.265) verwenden (also z. B. 4K60, 4K (4:3), 2,7K120 oder 1080p240), während alle anderen mit AVC (H.264) auskommen (z. B. 4K30, 2,7K60 usw.). Dies ist durchaus relevant, weil nicht alle Mobilgeräte (und auch nicht alle PCs/Laptops/Software-Programme) Videos, die mit HEVC codiert sind, abspielen können. Mit Android-Smartphones geht es tendenziell mit leistungsfähigen, neueren Geräten. Apple iPhones und iPads müssen mindestens einen A10-Prozessor haben, das ist erst ab iPhone 7 und den neueren iPad Pro Modellen der Fall. Die GoPro-Apps werfen in solchen Fällen dann diverse Fehlermeldungen aus und weisen darauf hin, dass ein Abspielen auf dem Gerät nicht möglich ist. Nicht möglich (oder nur mit ruckeligen unansehnlichen Ergebnissen) ist dann auch die Verarbeitung mit der Quikstories App. Wenn du also kein allerneuestes Smartphone besitzt und vorhast, deine Videos direkt mobil zu verarbeiten und zu teilen, solltest du die Auflösungen bzw. Bildwiederholfrequenzen nicht verwenden, die HEVC nutzen.
Ohnehin, das will ich hier dem Fazit schon einmal vorgreifen, gefiel mir die GoPro am besten, wenn ich sie "eine Stufe unterm Maximum" benutzt habe. Das Niveau der Hero6 ist mittlerweile so hoch, dass das für mich sehr gut geht. Ich möchte gelegentlich in 4K filmen, aber nicht unbedingt mit 60 fps. Wertvoller ist mir dann die bei 30 fps vorhanden Bildstabilisierung, auf die ich bei 60 fps verzichten müsste. Mit 60 fps hätte ich am Ende vielleicht etwas flüssigere Bewegungen, dafür aber ein verwackeltes Video. Und ich liebe das entzerrte "lineare" Bild der Hero6. Wo immer es geht, würde ich auf den zusätzlichen Bildwinkel verzichten und dafür in Kauf nehmen, nur mit 2,7K zu filmen. Das Ergebnis sind super stabilisierte Videos ohne Fisheye-Effekt, die auf den meisten Wiedergabegeräten professioneller aussehen, als ein Fisheye-4K. Das hängt natürlich immer von der aktuellen Anwendung ab, aber oftmals gebe ich dem entzerrten Bild und einer möglichst wirksamen Stabilisierung den Vorzug. Und gerade da bietet die Hero6 ja eine Menge geeigneter Kombinationen an Auflösung, Bildfrequenz, Bildwinkel und Stabilisierung.
Bedienung
Die Bedienung der GoPro Hero6 mit den Händen erfolgt über zwei Hardware-Tasten und einen zwei Zoll großen Tochscreen. Parallel dazu gibt es eine ausgefeilte Bedienung mittels Sprachbefehlen, auf die ich später noch zurückkomme. Die beiden Tasten sitzen unter einer Gummi-Membran, damit die Kamera schön wasserdicht bleibt. Das merkt man beim Drücken aber kaum, die Tasten reagieren ganz normal. Seitlich sitzt der Ein/Aus-Schalter, der auch Modus-Taster ist, d. h. damit kann du die verschiedenen Foto- und Video-Modi durchschalten (das kannst du aber auch über den Touchscreen machen). Die obere Taste ist der Auslöser, mit der du Foto-Aufnahmen auslöst oder Intervallaufnahmen oder Videoaufnahmen startest und stoppst. Diese Taste hat in der Bedienungsanleitung einen kuriosen Übersetzungsfehler. Es ist dort immer von "Blende" die Rede, auch in anderem Zusammenhang. "Verschluss" wäre schon besser, im englischen Original heißt der Knopf (und die relevanten Menüfunktionen) auch "Shutter".
Alle Einstellungen kannst du bequem direkt über den gut reagierenden Touchscreen machen. Von den früheren Hero3/Hero4-Generationen zur Hero5 hat GoPro das Touchscreen-Bedienkonzept komplett überarbeitet und meiner Meinung nach gibt es keine bessere Touchscreen-Bedienung am Markt als die der GoPro Hero5 und Hero6. Obwohl der Bildschirm mit 2 Zoll Bilddiagonale ziemlich klein ist, leidet die Bedienung nicht darunter. Der Bildschirm ist nie überladen, die Schrift immer ausreichend groß. Außer normalem Tippen nutzt die Oberfläche auch Wisch-Gesten zur Menüsteuerung. Dunkel oder grau unterlegte Beschriftungen sind immer auch Tipp-Sensitiv. Reine weiße Schrift auf dem Sucherbild besagt, dass dies nur eine Status-Anzeige ist. Tippst du z. B. auf die angezeigte Auflösung wird die aktuelle Auflösung riesengroß angezeigt und du kannst entweder auf eine der anderen angebotenen Auflösungen tippen oder mit Wisch-Gesten nach links oder rechts zwischen den Einstellungen wechseln. Wenn eine Auflösungs-Bildfrequenz-Kombination nicht möglich ist, sagt die Kamera das klipp und klar. Bei FOV werden immer die jeweils möglichen Bildwinkel angeboten. Von rechts nach links kannst du die erweiterten Einstellungen reinwischen, die auch immer jeweils kurz erklärt sind. Das ist besonders sinnvoll, wenn die GoPro-Marketing-Abteilung neue Wörter für bekannte Sachen entwickelt hat. So heißen die manuellen Kameraeinstellmöglichkeiten im GoPro-Jargon "Protune". Das muss man wissen. Benutzen musst du das normalerweise nicht, denn die Automatiken der Hero6 funktionieren sehr gut. Aber in bestimmten Situationen, wenn die Automatiken an ihre Grenzen kommen, kannst du über Protune alles selbst einstellen.
Als Alternative zur Bedienung via Tasten oder Touchscreen hat GoPro seit der Hero5 eine Sprachsteuerung eingebaut. Neu hinzugekommen mit der Hero6 ist, dass sich die Kamera aus dem Standby auch per Sprachbefehl einschalten lässt. Das verbraucht zwar etwas Akku im Standby (deshalb lässt sich diese Zusatzfunktion bei Bedarf auch abschalten), ist aber natürlich sehr nützlich. Folgende Befehle zur Aufnahmesteuerung versteht die Kamera:
- GoPro einschalten
- GoPro Aufnahme starten
- GoPro Aufnahme stoppen
- GoPro Foto machen
- GoPro Serienaufnahme starten
- GoPro Zeitraffer starten
- GoPro Zeitraffer stoppen
- GoPro ausschalten
Darüber hinaus kannst du den Betriebsmodus (Video/Foto/Serienaufnahmen/Zeitraffer) per Sprachbefehl anwählen und auch für automatisch geschnittenen Videos gibt es Sprachbefehle:
- GoPro HiLight (setzt während der Aufnahme ein HiLight-Tag im Video)
- GoPro Geschichte erstellen (überträgt Videos und Fotos aus deiner letzten Session aufs Smartphone und erstellt eine QuikStory)
HiLight Tags sind Markierungen, die du während der laufenden Videoaufnahme oder bei der Wiedergabe auf der Kamera selbst oder am Smartphone setzen kannst. Damit signalisierst du der automatischen Videoverarbeitung namens QuikStory, dass dir diese Stelle wichtig ist und sie im automatisch zusammengeschnittenen Video enthalten sein soll.
Mindestens die Sprachbefehle für die Aufnahmefunktionen und das Ein- und Ausschalten sowie das Setzen der HiLight-Tags sind keine Spielerei sondern super nützlich! Dabei muss ich sagen, dass ich kein Fan von Siri, Alexa und Co. bin. Aber eine Actioncam auszulösen, die auf einem Helm montiert ist (wo ich sie nicht sehe und auch schlecht rankomme) oder die am Fahrrad montiert ist (vielleicht am Rahmen am Hinterrad und nicht am Lenker) während ich beide Hände fest am Lenker lassen kann – das macht definitiv Sinn. Auch eine Armbandfernbedienung kann nicht dasselbe leisten. Apropos Fernbedienung: GoPro bietet eine kleine, mit 90 Euro nicht ganz günstige Fernbedienung namens Remo für die Hero5 und Hero6 an, die nur eine einzige Taste hat, aber ein eingebautes Mikrofon. Die Remo ist wasserdicht und kann z. B. am Handgelenk montiert werden und nimmt ebenfalls deine Sprachbefehle entgegen und leitet sie an die Hero weiter. Nützlich z. B. in lauten Umgebungen oder wenn die Kamera etwas weiter weg montiert ist.
Alternativ zu den genannten Möglichkeiten kannst du die Kamera natürlich auch per Smartphone-App bedienen, Fotos und Videos herunterladen und teilen. Dazu will ich an dieser Stelle gar nicht viele Worte verlieren. Die GoPro-App zur Kamerasteuerung war immer schon hervorragend und ist es auch in der aktuellen Version. Die Verbindung wird sowohl per Bluetooth als auch per WLAN/WiFi aufgebaut, je nachdem wie viele Daten gerade übertragen werden müssen. Mit iOS 11 erlaubt nun sogar Apple endlich, dass die Smartphone-App aktiv die Verbindung per WiFi aufbauen kann (bestehendes Netz verlassen, mit dem WiFi der Kamera verbinden) und das ganze Pairing klappt (zumindest bei mir) wirklich total geschmeidig. Eigentlich genau wie es sein soll, aber ich habe noch keinen Hersteller gesehen, der das so gut hinbekommt wie GoPro.
Bild- und Tonqualität
Als dieser Test schon weit fortgeschritten war, kam von GoPro das Firmware-Update auf die Version v01.60 heraus. Dieses soll für eine höhere Kamera-Leistung bei Aufnahmen mit hohen Bildwiederholfrequenzen und hohen Auflösungen sorgen. Konkret genannt wird eine Verbesserung des Rauschverhaltens unter diesen Bedingungen sowie bessere Bildqualität bei wenig Umgebungslicht. Daneben wurden einige Fehler behoben und die Zusammenarbeit mit der GoPro-App und Quikstories verbessert. Um dem Firmware-Update gerecht zu werden, habe ich also die relevanten Labortestaufnahmen alle neu gemacht und neu bewertet. Andere Testaufnahmen "in freier Wildbahn" konnte ich nicht wiederholen. Sofern diese Sachen wie die Handhabung oder die Bildstabilisierung betreffen (beides oben schon besprochen) soll das Firmware-Update dabei ja keine Veränderung bringen.
Die neuen Aufnahmen konnte die ich dank identischer Testumgebung direkt mit den Aufnahmen vergleichen, die ich mit der Firmware v01.51 gemacht haben und muss sagen: Die Qualitätsverbesserung ist teilweise drastisch! So wie es aussieht, war die Kamera (zumindest die Firmware) bei Markteinführung noch nicht ganz fertig. Fangen wir mal mit den eher grenzwertigen Leistungen an. Mit der Firmware v01.51 hätte ich die Bildqualität in dem von GoPro bei der Kameravorstellung stark hervorgehobenen 1080p240-Videomodus als unbrauchbar bezeichnet. Selbst bei hellstem Licht waren die Aufnahmen durch flackerndes Rauschen gekennzeichnet. Das ändert sich komplett mit der neuen Firmware v01.60: da gehen Auflösung und Bildwiederholfrequenz bei mir als durchaus noch brauchbar durch. Feine Strukturen ist die Hero6 in diesem Highspeed-Zeitlupen-Modus (immerhin rund 10-fache Zeitlupe) nicht in der Lage einzufangen, aber um spektakuläre Zeitraffer-Aufnahmen zu machen, die auf einem nicht allzu großen Monitor angeschaut werden (z. B. einem Smartphone-Display oder maximal Tablet-Computer) geht das in Ordnung. Wer mehr Qualität haben will, muss einen Gang runterschalten. Und so verlockend das ist, später in der Nachbearbeitung mal zeitweise ein Video drastisch zu verlangsamen – als Standard-Aufzeichnungs-Modus taugt dieser eher nicht. Dies unter anderem auch, weil du dabei auf engere Bildwinkel und Bildstabilisierung verzichten musst. Bei 1080p120 hingegen ist dann wieder alles im grünen Bereich (und bei noch niedrigeren Frequenzen sowieso). Die 240 fps ist wirklich als Spezialmodus für Zeitlupen zu verstehen.
Bei den hohen Auflösungen ist die Bildqualität durchweg ansehnlich, selbst bei den jeweils höchsten Bildfrequenz-Raten (z. B. 4K mit 60 fps) sinkt die Qualität gegenüber den niedrigeren Raten nicht wesentlich ab. Es wird halt nur in HEVC kodiert, d. h. die jeweils höchsten Auflösungs-Bildraten-Kombinationen können ggf. nicht auf jedem Gerät wiedergegeben oder verarbeitet werden (siehe ausführliche Erklärung weiter oben). Auch hier gilt aber immer: Bei höchster Frequenz funktionieren schmale Bildwinkel, entzerrte (lineare) Bilder und Bildstabilisierung nicht. Für den normalen Gebrauch werden deshalb oft die etwas langsameren Bildwiederholraten in Kombination mit diesen Features die bessere Wahl sein. Die Leistung des Objektivs ist übrigens, wie immer bei GoPro, sehr hoch. Schärfe und Auflösung sind gut. In den äußeren Ecken können sich an Kontrastkanten Farbsäume bilden (chromatische Aberration), das hält sich aber alles im Rahmen.
Alles zuvor gesagte gilt bei guten Lichtverhältnissen. Die Hero6 hat, wie alle Actioncams (und z. B. Smartphones), einen ziemlich kleinen Sensor und der möchte viel Licht haben. Bekommt er das nicht, nimmt die Bildqualität rapide ab. Auch wenn GoPro sich des Themas Low Light immer besonders annimmt – die Physik außer Kraft setzen können die Entwickler auch nicht. Weniger Licht bedeutet mehr Rauschen und weniger Auflösung. Da kann man versuchen mit längeren Belichtungszeiten und elektronischer Rauschunterdrückung entgegen zu wirken und das macht die Hero6 durchaus auch gut. Aber wer bestechende Aufnahmen in der Dämmerung oder bei Nacht machen will, greift lieber zu einer Kamera mit deutlich größerem Bildsensor. Auch bei Aufnahmen beispielsweise in einer gut beleuchteten, subjektiv als hell wahrgenommenen Sporthalle (wo ein Teil meiner Testaufnahmen entstand), sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Aufnahmen nicht ganz die gleiche hohe Qualität haben werden wie draußen bei Tageslicht.
Der Ton, den die Hero6 aufnimmt, kann sich übrigens sehr gut sehen, bzw. hören lassen. Der Ton wird kräftig, durchaus mit Bass aufgenommen, das ist auch nicht selbstverständlich. Wem das noch nicht reicht, kann über Adapter externe Mikrofone anschließen.
Ein kurzes Wort noch zu den Fotos. Auf Standbilder schaut der Betrachter ja durchaus kritischer. Diese lassen sich (im Gegensatz zu Videos) leicht vergrößern, indem man reinzoomt. Da sind 12 Megapixel natürlich nicht die Welt. Und mehr als Smartphone-Qualität schafft die Hero6 da auch nicht – nur eben mit extremem Weitwinkel, wenn man den Fisheye-Effekt mag. Möchte man den Ultraweitwinkel nicht, greift man lieber wirklich zu einem Smartphone mit guter Kamera als bei Foto das FOV auf "Linear" einzustellen. Dann nimmt die Hero6 nämlich wirklich nur einen mittleren 7-Megapixel-Ausschnitt, entzerrt diesen per Bildbearbeitung und bläst das Ganze wieder auf 12 Megapixel Ausgabeformat auf. Da stecken dann aber sichtbar keine 12 Megapixel drin, sondern allerhöchstens 7. Vermutlich macht dein Smartphone bessere Fotos. Was bei den 2,7K und FullHD-Videos also eine wirklich tolle Sache ist, wird bei Fotos zur Notlösung.
Fazit
Eine brauchbare Bildqualität noch bei 240 Bildern pro Sekunde für extreme Zeitlupen in FullHD – das ist mal eine Ansage! Richtig gut wird es dann bei 2,7K und 4K Auflösung und extrem praxistauglich bei den etwas niedrigeren Auflösungs-Frequenz-Kombinationen, bei denen man den sehr guten Bildstabilisator nutzen kann oder den schmaleren, entzerrten Bildwinkel oder beides. Die Bildstabilisierung funktioniert sehr gut, beeinträchtigt die Bildqualität nicht und ist auch bei 4K30 nutzbar. Dazu kommt eine gute Tonqualität und eine nahezu perfekte Bedienbarkeit über den Touchscreen und die Sprachfernsteuerung sowie eine zuverlässige Konnektivität zum Smartphone. In der Summe ihrer Eigenschaften ist die GoPro Hero6 derzeit ganz klar die beste Actioncam auf dem Markt. Die Leistung hat allerdings ihren Preis: Satte 570 Euro verlangt GoPro für die Hero6 mit magerem Lieferumfang. Bei Veröffentlichung dieses Tests war sie auch bei anderen Händlern nur unwesentlich billiger zu haben.
Update 09.01.2018
Am 7. Januar 2018 hat GoPro die Hero 6 Black dauerhaft drastisch im Preis gesenkt. Zuvor gab es schon diverse Verkaufsaktionen mit Zugabe von Speicherkarten oder Preisnachlässen von bis zu 100 Euro. Die neue unverbindliche Preisempfehlung lautet 429,99 Euro (entsprechend dem Preis im GoPro Online-Shop) – rund 25 % weniger als der Preis bei Markteinführung im Herbst 2017.
Vorteile
- sehr gute Bildqualität
- gute Bildstabilisierung, auch bei 4K30 nutzbar
- unverzerrte Bilder bei kleinerem Bildwinkel (bis 2,7K)
- gelungene Touchscreen-Bedienung
- praxisgerechte Sprachbedienung
Nachteile
- magerer Lieferumfang
- kein Stativgewinde