Normalerweise siedeln weniger bekannte Actioncam-Marken ihre Kameras preislich in einigem Abstand unterhalb der Geräte der etablierten Marken an. Hart umkämpft ist deshalb die Preisklasse unterhalb von 200 Euro, vor allem der Bereich um 100 Euro. Dafür bieten zahlreiche Hersteller aus China oft sehr vielversprechende technischen Daten (halten ihre Versprechen in der Praxis aber oft nicht ein) und einen sehr großen Ausstattungs- und Lieferumfang. Die Xiaoyi (Xiaomi) Yi Motion Camera, deren Test wir im September 2015 veröffentlicht haben, war da schon anders. Die Kamera war durchaus sehr preisgünstig, sie lag deutlich unter 100 Euro, aber sie war auch extrem spartanisch ausgestattet. Kaum Bedienelemente, weder LC-Display noch Monitor, und nur das allernötigste an Lieferumfang. Selbst ein Schutzgehäuse, eigentlich eine Selbstverständlichkeit bei einer Actioncam (sofern diese nicht schon von sich aus robust und wasserdicht ist) und Halterungen zum Befestigen der Kamera muss man bei der Xiaoyi Yi Actioncam extra kaufen. Damit gibt man schnell noch einmal den gleichen Betrag für Zubehör aus, den die günstige Kamera gekostet hat, und der preisliche Abstand zu den Markengeräten ist dahin. Man könnte sich fragen, ob die Einsteigergeräte der etablierten Marken dann nicht doch die bessere Wahl darstellen.
In unserem Test zeigte sich aber, dass die einfache Xiaoyi Yi Actioncam eine extrem gute Produktqualität bot (und bietet) und jeden Cent wert ist. Sie funktioniert tadellos, die App läuft einwandfrei und die Kamera bietet eine exzellente Bildqualität in FullHD und noch etwas darüber hinaus. Und mit der integrierten Objektivkorrektur sind die damit geschossenen Fotos und gedrehten Videos auf Wunsch auch gleich frei vom üblichen Superweitwinkel-Fisheye-Effekt.
Jetzt kommt das nächstgrößere Modell auf den Markt. Die Kamera heißt ganz schlicht "Yi 4K". "4K" natürlich für UltraHD-Videos. Diese speichert sie laut Hersteller mit 30 Vollbildern/s und einer Bitrate von 60 MBit/s auf der Speicherkarte. Das hört sich sehr vielversprechend an! Der 1400 mAh starke Akku soll in dem Modus bis zu 2 Stunden durchhalten! Das wäre fast eine kleine Sensation, denn normalerweis zehrt 4K-Video sehr an der Akkuleistung. Alle Actioncams, die wir kennen, sind im 4K-Modus allerspätestens nach einer Stunde am Ende. Als weitere Besonderheit hat die Kamera einen eingebauten hochauflösenden 2,2-Zoll-LCD-Monitor, der konsequenterweise im 16:9-Format gehalten und als Touchscreen ausgeführt und durch Gorilla-Glas vor Kratzern geschützt ist. So kann die Kamera wiederum auf nahezu alle weiteren Bedienelemente verzichten – nur eine einzige Taste gibt es auf der Oberseite, sonst nichts.
Als "Prozessor", präziser gesagt "System on Chip", kommt ein Ambarella A9SE zum Einsatz. Das ist ein weiterentwickelter A9-Chipsatz (den wir schon aus anderen Kameras kennen), nun in 28 nm Technologie und mit noch besseren Eigenschaften. Auch dieser Chip beherrscht wieder die Objektiv-Verzeichnungskorrektur und bietet darüber hinaus einige weitere Leckerein. So kann der Prozessor beispielsweise parallel zur Aufzeichnung eines hochauflösenden 4K-Videos noch ein niedriger aufgelöstes 720p-Video streamen, z. B. für Live-Übertragungen. Damit dürfte dann auch im 4K-Modus ein Vorschaubild auf dem Handy zu sehen sein (was bislang durchaus nicht üblich ist). Auch beim eingebauten WiFi/WLAN sind die technischen Voraussetzungen bestens: Ein modernes Dual-Band-WiFi-Modul (2,4 und 5 GHz) soll über 3 MByte Daten pro Sekunde übertragen. Das könnte auf dem Smartphone für eine flüssige Livebild-Vorschau in guter Qualität sorgen. Zudem geht damit das Herunterladen der Fotos und Videos deutlich schneller.
Für so viel geballte Oberklasse-Technik ruft der Hersteller allerdings auch einen Oberklasse-Preis auf: 329,95 Euro kostet die Kamera im Online-Shop des deutschen Distributors. Dafür gibt es wiederum (wie schon beim kleinen Modell) quasi die nackte Kamera. Natürlich ist der Akku mit dabei und die Kamera hat ein Stativgewinde, aber sonst praktisch nichts. Wer ein Schutzgehäuse haben möchte, muss dafür weitere knapp 60 Euro auf den Tisch leben. Für knapp 35 Euro gibt es alternativ eine Schutzhülle und einen Objektiv-Schutz. Jegliche Halterungen müssen ebenfalls separat erworben werden. Mit etwas Zubehör bist du also ruckzuck bei 400 bis 450 Euro und damit auf dem Preisniveau der Spitzenmodelle von Sony oder GoPro. Die Frage ist nur, welches Gerät dann am Ende mehr Leistung und Ausstattung fürs Geld bringt. Einen Touchscreen-Monitor in Verbindung mit einwandfreier 4K-Videoaufzeichnung bietet jedenfalls derzeit keine andere Kamera und schon gar keine Aufzeichnungsdauer von bis zu 2 Stunden bei 4K. Unser Test (wir erwarten das Testgerät in den nächsten Tagen) wird zeigen, ob die Kamera diese Versprechen erfüllen kann.
Bei chinesischen Versendern ist die Kamera übrigens gar nicht so viel günstiger. GearBest beispielsweise bietet die Kamera für knapp 250 US-Dollar an, das sind rund 220 Euro. Dazu kommt aber noch die Verzollung und die Einfuhrumsatzsteuer, sodass du auf dem Wege letztlich bei rund 280 Euro herauskommen dürftest. Seit Neuestem gibt es für die Geräte von Yi Technology bzw. Xiaoyi übrigens einen offiziellen deutschen Distributor. Die Optamit GmbH in Köln importiert die offizielle Europa-Version, dort können Händler das Gerät bekommen. Über die Firma Dynamic Pace gibt es auch einen deutschen Endkundenshop für die Produkte von Yi Technology. Dort werden demnächst auch andere Händler genannt werden. Und auch bei Amazon wird es die Kamera offiziell geben (auch direkt bei Amazon, nicht nur über Marketplace-Händler).
Anders als die erste Yi Actioncam, die es nur in Weiß und in wirklich gewöhnungsbedürftigem Grün/Gelb gab, kommt die Yi 4K in Schwarz, in Weiß und in Rosé-Gold auf den Markt, wobei bei Letztem die Kamera überwiegend weiß und lediglich die Frontplatte in Rosa gehalten ist. Bei GearBest, wo man die Kamera seit dem 18 Mai vorbestellen kann, konnte man während der Vorbestellungsphase sehr schön sehen, welche Farben die Kunden dort bevorzugen: Ganze 187 Vorbestellungen beziehen sich auf die Version mit der roséfarbenen Front, über 1.000 Vorbesteller haben sich für die ganz weiße Version entschieden und rund 2.200 Käufer haben die schwarze Version vorgezogen.
Im Online-Shop des Distributors sind Kamera und Zubehör (Unterwassergehäuse usw.) derzeit schon als "lieferbar" angegeben. Der Hersteller selbst spricht auf seiner Website davon, dass die Kamera seit heute lieferbar ist. GearBest gibt den 20. Juni als Auslieferungstermin an. Amazon gibt noch keinen Liefertermin an, dort ist die Kamera lediglich vorbestellbar.