Warum die HDR-AS300 so ein Schattendasein führt, wissen wir nicht. In Japan wurde sie bereits im Spätsommer 2016 zusammen mit der FDR-X3000 vorgestellt. Sony stellte allerdings zur IFA 2016 in Europa lediglich die FDR-X3000 vor, von der HDR-AS300 war keine Rede. Offenbar sollte diese in Europa eigentlich gar nicht auf den Markt kommen. Im Zuge unseres (aktuell mit reichlich Verspätung durchgeführten) Tests der FDR-X3000 haben wir uns die Bedienungsanleitung heruntergeladen, denn unser Testgerät kam nur mit japanischen Kurzanleitungen. In der Bedienungsanleitung werden die drei Action-Cams Sony FDR-X3000, HDR-AS300, und HDR-AS50 gemeinsam behandelt – so kamen wir auf die HDR-AS300, die uns gänzlich unbekannt war. Dieses Gerät ist offenbar seit Januar 2017 bei Amazon Deutschland erhältlich. Der Preis liegt dank völlig fehlendem Preisdruck derzeit 1 Euro unter der unverbindlichen Preisempfehlung von 499 Euro. Parallel dazu gibt es zahlreiche "Warehouse-Deals" rund 10 bis 20 Prozent günstiger, je nach Zustand. Das sind von Kunden zurückgesendete Geräte, die Amazon als gebraucht verkauft.
Das aktuelle Lieferprogramm der Actioncams von Sony besteht aus den Geräten FDR-X3000, HDR-AS300, und HDR-AS50 – da bringt also sozusagen die Bedienungsanleitung Licht ins Dunkel. Alle anderen Actioncams, die noch auf der Sony-Website dargestellt sind, sind im Grunde ältere, ausgelaufene Geräte. Preislich sortiert sich die HDR-AS300 als aktuelles Mittelklassemodell mit 499 Euro inklusive Live-View-Fernbedienung auf den ersten Blick recht sinnvoll zwischen dem Spitzenmodell mit 4K-Auflösung, optischem Bildstabilisator und GPS (FDR-X3000 für 599 Euro UVP inklusive Live-View-Fernbedienung) und dem eher spartanisch ausgestatteten FullHD-Einstiegsmodell ein (HDR-AS50 für 219 Euro UVP, ohne Fernbedienung) ein. Die Unterschiede zum Spitzenmodell sind schnell erklärt. Die hohe 4K-Auflösung fehlt und mit ihr auch die High-Speed-Aufnahmemodi für FullHD. Theoretisch könnte – so ist es normalerweise bei der Konkurrenz – in dem Mittelklasse-Modell ein weniger leistungsfähiger Prozessor stecken. Ich persönlich vermute eher eine Drosselung per Firmware, denn extra einen Prozessor für solch ein "Zwischenmodell" zu fertigen, dürfte sich kaum lohnen. Einen weiteren Unterschied gibt es noch: Nur das Spitzenmodell FDR-X3000 besitzt einen Infrarot-Empfänger für eine Sony-Infrarot-Fernbedienung (wie es sie für Camcorder oder Fotokameras als Zubehör gibt), die HDR-AS300 hat diesen Empfänger nicht eingebaut. Entsprechend fehlt das kleine weiß-transluzente "Fenster" im weißen Gehäuse der Actioncam. Das dürfte allerdings in der Praxis höchstens bei Spezialanwendungen eine Rolle spielen, da beide Actioncams ja jeweils mit einer Live-View-Fernbedienung geliefert werden. Diese können übrigens mehrere Kameras synchron bedienen – eine feine Sache. Allerdings scheint es derzeit weder die FDR-X3000 noch die HDR-AS300 ohne Fernbedienung zu kaufen zu geben, was beim Aufbau solcher Szenarien unnötige Kosten beschert. Die Sets mit Live-View-Fernbedienung haben jeweils ein "R" an der Typenbezeichnung dran (also HDR-AS300R und FDR-AS3000R). Die Kameras selbst haben kein "R" hinten dran.
Man könnte also auf den ersten Blick meinen, die HDR-AS300 wäre ein ideales Gerät für alle, die keine 4K-Auflösung brauchen, denn alle anderen Tugenden (bis auf den Infrarotempfänger) hat die AS300 ja mit dem Spitzenmodell X3000 gemeinsam. Dazu zählt vor allem der optische Bildstabilisator, denn die beiden Schwestermodelle sind die einzigen Actioncams am Markt, die überhaupt einen optischen Bildstabilisator haben. Die Hauptvorteile davon (gegenüber einem elektronischen Bildstabilisator, den Sony ja ebenfalls in Perfektion beherrscht) sind zum einen, dass von dem Ultraweitwinkel-Bildwinkel nichts verloren geht, zum anderen, dass überhaupt eine Bildstabilisierung bei 4K-Auflösung stattfindet, denn das schaffen die Bildverarbeitungsprozessoren elektronisch bislang nicht. Der Punkt 2 wiederum trifft natürlich auf das FullHD-Modell HDR-AS300 nicht zu, da diese die 4K-Auflösung nicht bietet. Für die AS300 bleibt also allein der volle Bildwinkel als Vorteil. Der Bildstabilisator der Sony Actioncams nennt sich "Balanced Optical Steady Shot". Das Prinzip gibt es so ähnlich auch bei einigen großen Camcordern von Sony. Das besondere an dem Prinzip ist, dass nicht entweder Linsengruppen im Objektiv oder der Bildsensor beweglich gelagert sind (und dadurch Bewegungen ausgleichen), sondern das gesamte Objektiv inklusive Bildsensor "schwebt". Wie gut das funktioniert, klären wir gerade in unserem Test.
Wenn ich schreibe "man könnte auf den ersten Blick meinen, die HDR-AS300 sei ideal für alle, die kein 4K brauchen", dann will ich auf Folgendes hinaus: Bei der HDR-AS300 entspricht der Verkaufspreis bei Amazon als einzigem Händler praktisch der UVP. Das eigentlich 100 Euro teurere Spitzenmodell mit 4K kostet allerdings mittlerweile selbst bei Amazon nur 16 Euro mehr und im Internet findet man zahlreiche Angebote für signifikant unter 500 Euro. Das Spitzenmodell ist also, je nachdem wo man es kauft, unwesentlich teurer oder sogar günstiger als das Mittelklassemodell. Solange das so ist, macht es natürlich überhaupt keinen Sinn, die HDR-AS300 zu kaufen, weshalb ich auf die übrigen technischen Eigenschaften der AS300 auch gar nicht mehr weiter eingehe, sondern auf unsere Vorstellung der FDR-X3000 vom 1. September 2016 verweise. Und auf unseren Testbericht, der nächste, oder spätestens übernächste Woche hier auf digitalEyes.de erscheinen wird.