Was ist denn da gerade bei GoPro los? Der gestrige Launch wirkt etwas wie mit der heißen Nadel gestrickt. Vielleicht missfiel dem amerikanischen Hersteller, dass letzte Woche alles Wesentliche über die neuen Modelle geleakt war – inklusive Original-Produktfotos. Da sollten die Infos vielleicht schneller raus als ursprünglich geplant, und zunächst sah sich der (deutschsprachige) Interessent auf der GoPro-Website einem bunten Mischmasch von englischen und deutschen Texten und Preisen in englischen Pfund und in Euro gegenüber. Bereits ab dem 5. Oktober sollen die neuen Modelle erhältlich sein. Warum nur hat der Hersteller angesichts des unmittelbar bevorstehenden Markteinführungstermin nicht die Photokina für die Neuvorstellung genutzt?
Egal, zu den Fakten (soweit man schon von Fakten sprechen kann, denn die GoPro-Datenblätter bleiben eher oberflächlich): Bestätigt hat sich das Gerücht, dass das neue Spitzenmodell GoPro Hero 4 Black Edition nun flüssiges 4K-Video mit 30 Bildern pro Sekunde kann. Klar, das haben alle erwartet, sonst wäre es ja kein Fortschritt gegenüber dem 4K-Video mit 15 Bilder pro Sekunde des bisherigen Spitzenmodells GoPro Hero 3+ Black Edition und es hätte wohl kaum ein neues Modell gerechtfertigt. Der Prozessor soll doppelt so leistungsfähig sein, wie beim Vorgängermodell und dadurch doppelt so hohe Bildwiederholraten ermöglichen. Sehr spannend: So wird auch aus FullHD mit 60 Bilder/s (englisch Frames per Second, fps) beim neuen Modell FullHD mit 120 Bildern/s. Und das wird manchem Anwender derzeit wichtiger sein als 4K-Video. Damit sind nämlich erstmals flüssige Zeitlupenaufnahmen in FullHD möglich! Auf 30 Bilder in der Ausgabe reduziert ergibt sich eine vierfache Zeitlupe. Und das in FullHD, das ist schon geil! Zumal die GoPro Hero-Modelle mit ihrem scharfen Objektiv, das ja bekanntlich in sehr guter Qualität machen. Dazwischen liegen dann noch die Modi 2,7K und 1440P mit bis zu 50 bzw. 80 fps, ebenfalls sehr respektable Werte.
Das Schwestermodell GoPro Hero 4 Silver Edition ("Silver" ist bei GoPro qualitativ unterhalb von "Black" angesiedelt) kann mit solchen Top-Werten bei den Video-Modi nicht aufwarten, sondern beherrscht die Modi und Bildwiederholraten, die man vom bisherigen Spitzenmodell Hero 3+ Black Edition kennt. Also 4K mit 15 Bilder/s (was für ruckelfreie Actionvideos zu wenig ist), 2,7K mit 30 fps, 1440p48 und 1080p60. Dafür hat die Hero 4 Silver Editon einen eingebauten Touch-Screen-LCD-Monitor in ihrem Gehäuse integriert, das nicht größer ist als das der Black Edition und der bisherigen 3er-Serie. Dass sich der Monitor in die Black Edition nicht auch noch integrieren ließ, ist natürlich schade. Möglicherweise waren thermische Probleme der Grund. Wie man hört, werden Kameras bei 4K-Video-Aufzeichnung sehr warm und ein LCD-Monitor trägt ebenfalls seinen Teil zur Erwärmung (und zum Stromverbrauch) bei. Beides zusammen ist dann offenbar nach heutigem Stand der Technik zu viel. Deshalb gibt es jetzt die professionelle Black Edition, die ohne eingebauten Monitor auskommen muss. Und auf der anderen Seite die Silver Edition, die für weniger Geld sogar einen Monitor hat, dafür aber nur moderate (keinesfalls unterdurchschnittliche) Video-Bildwiederholraten bietet.
Der Sensor wird mit bei beiden Modellen mit 12 Megapixel angegeben, stammt also wohl weiterhin vom bisherigen Spitzenmodell GoPro Hero 3+ Black Edition. In diese Auflösung werden auch Fotos gespeichert. So gesehen also bei Fotos nominal kein Fortschritt. Dieser spielt sich jedoch durch den leistungsstarken Prozessor auf der Geschwindigkeits- und Qualitäts-Ebene ab. Satte 30 Bilder in einer Sekunde offenbar in voller 12-Megapixel-Auflösung kann die Hero 4 Black Edition aufnehmen. Das gilt bei Foto übrigens für beide Modelle, d. h. auch für die günstigere "Silver Edition" mit Monitor. Im kontinuierlichen Fotobetrieb sind bei beiden Modellen 10 Serienbilder pro Sekunde drin.
Beide Versionen haben natürlich WiFi eingebaut und neu nun auch Bluetooth. Was man damit bei den Actioncams anfängt, dazu schweigt sich GoPro bislang noch aus. Ich hoffe, dass sich damit z. B. Bluetooth Headsets verbinden lassen. Weitere Anwendungsfälle werden sich sicherlich finden lassen. Die Fernbedienung erfolgt jedenfalls wie gehabt über WiFi. Der seitliche Knopf, mit dem bei den 3er-Versionen noch WiFi ein- und ausgeschaltet wurde, hat bei den 4er-Geräten eine neue Funktion bekommen: HiLight Tag. Damit – oder über eine Fernbedienung oder Smartphone-App – kann man im laufenden Video einen Marker setzen, um die Stelle später schneller zu finden. Hmm. Hat eine solche Funktion schon jemand vermisst? Neu soll auch eine deutlich verbesserte Audio-Leistung sein. Zwar ist nach wie vor nur ein Mono-Mikrofon eingebaut, aber die internen Digital-Analog-Wandler sollen nun richtig gut sein und zumindest in Verbindung mit externen Mikrofonen eine gute Tonqualität möglich machen soll. Externe Mikros erfordern leider nach wie vor einen optionalen Adapter, denn einen direkten Mikrofonanschluss haben auch die 4er Heros nicht. Dasselbe gilt übrigens für das ersehnten Stativgewinde. Da verkauft GoPro lieber die "The Frame" Halterung, statt ein Stativgewinde direkt einzubauen.
Ganz neu bei den 4er-Geräten ist ein so genannter Auto Low Light Modus. Die Actioncams sollen bei wenig Licht automatisch die Einstellungen optimieren und trotzdem tolle Fotos und Videos produzieren. Und neu ist auch "Protune". So nennt GoPro die Möglichkeit, Feineinstellungen am Bild vorzunehmen und zu speichern. So kann sowohl bei Fotos als auch bei Videos die Farbe, die Schärfung, der Weißabgleich, die maximale ISO-Zahl und die Belichtung individuell angepasst werden. Das ist sicherlich in vielen speziellen Situationen sehr hilfreich und gerade bei professionellen Anwendungen eine tolle Sache. Verbessert wurde wohl auch die Menüführung direkt an der Kamera über das Schwarzweiß-Display. Die war bisher ja eher schrecklich und soll nun deutlich intuitiver geworden sein. Was ich bei GoPro aber noch vermisse, sind Armbandfernbedienungen mit LCD-Monitor und Multi-Kamera-Fernsteuerung. Dies wäre im Grunde noch nützlicher als ein eingebauter Monitor und würde auch dem Spitzenmodell zur Verfügung stehen. Eine Fernsteuerung über eine Smartphone-App ist sicherlich nicht schlecht, aber unter Action-Bedingungen oft nicht machbar und außerdem lässt sich damit nur eine Actioncam zur Zeit steuern. In diesem Punkt ist die Konkurrenz von AEE und Sony dem Marktführer GoPro noch einen Schritt voraus.
Die neuen GoPro Hero 4 kosten 479,99 Euro UVP (Black Edition) bzw. 378,99 Euro (Silver Edition) und sind jeweils zum gleichen Preis in den drei Editionen "Standard", "Surfen" und "Musik" erhältlich, jeweils mit Standard-Halterungen oder Surfboard-Halterung (jeweils mit Unterwassergehäuse) oder Instrumentenhalterungen (dann mit dem Halterahmen "The Frame"). Wichtig: Die WiFi-Fernbedienung, die bei der 3er Black Edition beiliegt (und separat gekauft relativ teuer ist), liegt keiner der 4er-Editionen mehr bei.
Ganz am Rande hat GoPro übrigens auch noch ein Einsteigermodell mit stark reduziertem Leistungsumfang ergänzt, die GoPro Hero ohne Nummer in der Typenbezeichnung. Die besitzt denselben Formfaktor wie die teureren Modelle, ist also zum Zubehör kompatibel, hat aber nur einen 5-Megapixel-Sensor, einen fest eingebauten Akku und stark eingeschränkte Leistungsmerkmale und Funktionen und nicht einmal WiFi (und natürlich keinen eingebauten Monitor). Eben ein wirklich günstiges Basismodell für 124,99 Euro UVP, wo man aber bei der Konkurrenz wesentlich mehr fürs Geld bekommt.