Noch ist natürlich das letzte Wort nicht gesprochen. Die Firma und ihre Server arbeiten noch. Auf der Firmenwebsite findet sich noch nicht einmal ein Hinweis auf die Insolvenz und auch an die Kunden ging noch kein E-Mail raus. Natürlich besteht die Hoffnung, dass sich ein Investor findet. Aber eine Insolvenz ist oft auch ein Schnitt und ob die vielen Unterstützer aus der Indiegogo-Crowdfunding-Kampagne jemals ihre Kamera bekommen werden, ist nun sicherlich mehr als fraglich. Insolvenzen werden auch dazu genutzt sich alter Verpflichtungen zu entledigen (dazu sind sie durchaus da) und zu retten, was zu retten ist.
Dabei fing alles ganz gut an. Die Kampagne im November 2013 auf Indiegogo spülte 1,25 Millionen US-Dollar von mehr als 2600 Unterstützern ein, ein Viertel mehr als die Panono-Gründer für nötig hielten, um die zu dem Zeitpunkt nur als ersten Prototyp existierende Panorama-Kamera fertigzustellen. Gereicht hat das trotzdem nicht. Bei der Angabe der dann folgenden Entwicklungszeit hatten sich die Gründer völlig verschätzt. Statt im September 2014 das Serienprodukt gab es erst im Februar 2015 einen zweiten Prototyp im neuen Design und endgültiger Größe. Auf Companisto konnte man unterdessen Firmenanteile kaufen. Im Spätsommer 2015 hieß es dann, dass die ersten Kameras bald ausgeliefert würden – allerdings nicht an die Unterstützer des Crowdfundig-Projekts, denn für die Serienfertigung war damals schon kein Geld da. Die Unterstützer wurden vertröstet und neue Kunden sollten frisches Geld in die Kasse bringen. Diese sollten 1500 Euro für die Kamera zahlen (die Unterstützer hatten rund 500 Euro bezahlt), eine professionelle Zielgruppe wurde nun anvisiert. Die gibt es zweifellos, aber sie ist natürlich klein. Für unter 1000 Euro hätte die Ball-Kamera sowohl Amateure als auch Profis adressiert. Dass sich die Kamera dafür (oder für 500 Euro) nicht bauen lässt, ist schwer vorstellbar, denn das Innenleben ist eigentlich nicht sehr High-Tech. Die 36 Smartphone-Kameramodule, die die Teilbilder einfangen, mögen zum Zeitpunkt des ersten Prototypen im Jahr 2011 noch halbwegs Stand der Technik und ein relevanter Kostenfaktor gewesen sein, später wohl kaum noch. Und die hauptsächlich Prozessorleistung fressende Arbeit, das Stitchen der Einzelbilder zu einem vollspährischen Panorama passiert ja nicht in der Kamera, sondern extern. Dass die Kamera dann nicht so robust wie erhofft wurde, hätten viele Unterstützer sicherlich verschmerzt. Sie konnten sich – nur in der Theorie – für eine der noch nicht so robusten ersten Kameras entscheiden, die "Explorer Edition" genannt wurde. Bekommen hat sie trotzdem niemand (oder fast niemand, die Zahl der ausgelieferten Kameras war immer ein streng gehütetes Geheimnis) – auch wir hatten für die Redaktion eine bestellt und nie erhalten.
Auf der CES Anfang 2016 in Las Vegas konnten wir eines der wenigen handverlesenen Exemplare testen und es funktionierte überwiegend gut. Schade, dass Panono zu dem Zeitpunkt die Kurve nicht irgendwie gekriegt hat. Das wäre der Moment gewesen, wo die Kameras an die Unterstützer hätten rausgehen müssen. Die Medien und die relevanten Foren wären mit den durchaus ansehnlichen 108-Megapixel-Fotos von überall auf der Welt geflutet worden und der Werbeeffekt dieser – normalerweise ja per Viewer von der Panono-Website aus eingebundenen – Fotos wäre eine grandiose Werbekampagne gewesen. Offenbar war da aber das Geld schon alle und so wurde es still um die Kamera und das Unternehmen. Gespenstisch still. Auch für die Unterstützer gab es keine neuen Informationen. Zwar war Panono im Spätsommer 2016 auf der Photokina, aber außer Preiserhöhungen gab es eigentlich nichts wesentlich Neues. Sage und schreibe 2140,81 Euro sollte die Kamera seit 06.10.2016 den Endanwender kosten, ein Preis, bei dem auch bei professionellen Anwender sicherlich irgendwann "der Spaß" aufhört.
Nicht, dass es mittlerweile Alternativen gäbe. In den Kommentaren zu der Berichterstattung ließt man häufig, die lange Entwicklungszeit hätte dazu geführt, dass das Produkt überholt sei und der Markt längst viel preisgünstiger Alternativen böte. Und Video könne die Panono-Kamera ja auch nicht. Letzteres ist richtig, die Kamera war immer eine reine Fotokamera. Ersteres ist falsch, denn es gibt keine einfachen Lösungen, die mal eben unkompliziert ein hochauflösendes Panorama-Foto produzieren. Die aktuellen preisgünstigen Kameras die die Kommentatoren wohl meinen, produzieren höchstens 30-Megapixel-Fotos. Das ist "ganz nett" und für einige Anwendungen sicherlich ausreichend. Aber wer sich jemals auch nur halbwegs mit Panoramafotografie beschäftigt hat, der will nicht nur viel Bildwinkel einfangen, er will auch viele Details sehen. Denn ein Nebeneffekt der Panorama-Aufnahmen, die aus vielen Einzelfotos zusammengefügt werden, war immer auch eine hohe Auflösung, sprich: hohe Qualität, mit vielen Details, die der Betrachter entdecken kann, wenn er "hineinzoomt". Solche Leute sind vielleicht mit 80 Megapixeln zufrieden, eher wohl mit 100 Megapixeln (noch lieber mit 200 Megapixeln). Aber nicht mit 30 Megapixeln. Und was aus den preisgünstigen Consumer-Panoramakameras derzeit rauskommt, hat mit "professionell" sowieso noch lange nichts zu tun.
Da ist also durchaus Platz für eine Panono Ball-Kamera (ob man die nun hochwerfen kann oder nicht, ist eher egal). Aber für 1000 Euro, nicht für über 2.000 Euro. Ein so hoher Preis macht aus der Kamera ein exotisches Nischenprodukt, was sie ursprünglich nie sein sollte. Dass sich dafür ein Investor findet, der das Unternehmen fortführt, wer mag das glauben? Das Einzige, was jetzt noch hilft ist ein Investor, der es schafft die bestehende Kamera zu einem so niedrigeren Preis zu bauen, dass erstens alle Unterstützer mit dieser Kamera ausgestattet werden können (der Werbeeffekt davon dürfte beträchtlich sein und nur so kann das Vertrauen in die Marke Panono wiederhergestellt werden) und zweitens mit einem marktfähigen Preis (max. 999 Euro inkl. Mehrwertsteuer) ausreichende Stückzahlen bei guter Marge verkauft werden können.
Wenn das Stitching nicht mehr in der Cloud (bzw. auf den Servern von Panono) stattfinden könnte, weil der Dienst eingestellt wird, wäre das sicherlich nicht schön, denn der komfortable Workflow und der Betrieb sogar von der Smartphone-App aus ist ein entscheidender Vorteil. Notfalls können die Einzelbilder aber auch von der Kamera heruntergeladen und mit geeigneter Software auf dem heimischen Rechner zusammengefügt werden. Umständlich, aber es geht.