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Fotos und Videos in der Praxis

Bei Fotos werden JPEG und DNG (Raw) unterstützt. Auch bei Aufnahmen mit 48 Megapixeln, die ja eigentlich alle Pixel des Bildsensors benötigen, lassen sich engere Bildausschnitte wählen oder beispielsweise lineare, also entzerrte Fotos. Dabei muss dem Anwender klar sein, dass dann die Bilddateien zwar 48 Megapixel groß sind, aber nicht wirklich die Bildinformationen von 48 Megapixeln enthalten, sondern nur einen kleineren Teil davon, der dann wieder auf 48 Megapixel hochskaliert wird. Eine realistische Zwischengröße, z. B. 24 Megapixel, die für solche bearbeiteten Bilder wahrscheinlich ein ganz guter Kompromiss wäre, kann man bei der Kamera nicht einstellen. Man hat nur die Wahl zwischen 48 Megapixeln (was eigentlich nur wirklich Sinn ergibt, wenn man dann das ultraweite Sichtfeld wählt) bzw. 36 Megapixel im 16:9-Seitenverhältnis oder eben die kleine Größe von 12 Megapixeln in 4:3 bzw. 9 Megapixel in 16:9, bei denen die Kamera dann jede Menge Spielraum hat für eine Entzerrung oder für einen verringerten Bildwinkel hat.

  • Bild Insta360 One R/RS-System: Alter (links) und neuer (rechts) Akku im Vergleich. Der hat eine 21 % höhere Kapazität, ist aber auch etwas höher, sodass der alte Halterrahmen und die alten Tauchgehäuse damit nicht passen. [Foto: MediaNord]

    Insta360 One R/RS-System: Alter (links) und neuer (rechts) Akku im Vergleich. Der hat eine 21 % höhere Kapazität, ist aber auch etwas höher, sodass der alte Halterrahmen und die alten Tauchgehäuse damit nicht passen. [Foto: MediaNord]

Zur internen Bildstabilisierung schreibt Insta360 in der Pressemitteilung "Die beste Stabilisierung aller Zeiten, jetzt integriert." Das ist sehr dick aufgetragen. Die kamerainterne Bildstabilisierung "FlowState" ist gut, aber nicht überragend. Normale Erschütterungen werden sehr gut ausgeglichen. Insofern ist die interne Stabilisierung für die meisten Anwender natürlich schon ein deutlicher Komfortgewinn, denn sie können die Videos jetzt sofort, ohne zeitraubende Nachbearbeitung, verwenden und teilen. Grenzen gibt es beispielsweise aber beim Horizontausgleich: Mit einem solchen hat Insta360 bisher sehr geworben (sogar mit 360-Grad-Horizontausgleich). Den kann man aber nur aktivieren, wenn man sich zuvor in den Einstellungen für die nachträgliche Stabilisierung in der App entschieden hat. In diesem Punkt ist Konkurrent GoPro ganz klar weiter: Die Hero10 schafft den Horizontausgleich bis 45° direkt in der Kamera und insgesamt ist die Stabilisierung der aktuellen GoPro-Modelle (mindestens ab Hero9 Black) deutlich leistungsfähiger als die interne Stabilisierung der Insta360 RS. Erst mit der nachträglichen Stabilisierung per App kann man, zumindest beim 4K-Boost-Kameramodul, von "bester Stabilisierung aller Zeiten" sprechen. Bei dem Dual-Lens-Panorama-Kameramodul mag das anders sein (das werden wir in einem separaten Test untersuchen).

Flowstate-Stabilisierung ist eine hochwirksame Bildstabilisierung, die Insta360 seit 2018 in seinen Panoramakameras einsetzt. Die Kameras registrieren mit einem 6-Achsen-Gyroskop permanent jede Bewegung, der sie ausgesetzt sind und zeichnen diese Information mit auf. Die nachfolgende Software (Smartphone-App oder Desktop-Programm) nutzt die Information, um das Videobild beim Stitchen Bild für Bild horizontal auszurichten und Verwackelungen und Erschütterungen herauszurechnen. Dies geht bei den 360-Grad-Kameras nur wenig zu Lasten der Bildqualität und sorgt für ein absolut ruhiges 360-Grad-Video.

  • Bild Das Insta360 ONE RS Unterwassergehäuse ermöglicht eine Tauchtiefe von bis zu 60 Metern. [Foto: Insta360]

    Das Insta360 ONE RS Unterwassergehäuse ermöglicht eine Tauchtiefe von bis zu 60 Metern. [Foto: Insta360]

Die externe Stabilisierung per Smartphone-App und auch am PC funktioniert natürlich weiterhin. Letztere ist zeitaufwändig, liefert aber sehr gute Ergebnisse. Bei 4K30-Videos hat man also die Qual der Wahl: Intern mittelmäßig gut stabilisieren (das mag für "normale" Anwendungen reichen) oder später in der Software. Das soll bzw. muss man sich vorher überlegen, weil davon der Bildausschnitt abhängt, der aufgenommen wird. Bei den neu angebotenen 6K-Breitbild-Videos stellt sich die Frage nicht. Diese Riesen-Videos mit 6016 x 2560 Pixeln – das sind stolze 15,4-Megapixel-Videos – schafft auch der neue Prozessor nicht zu stabilisieren und auch eine nachträgliche Stabilisierung ist nicht möglich. Das Seitenverhältnis dieser Videos beträgt übrigens 2,35:1 (das ist etwas breiter als 21:9). Insta360 warnt davor, diese Videos bei schlechten Lichtverhältnissen zu verwenden. Der Grund dafür ist, dass hier keine Zusammenfassung von Pixeln mehr erfolgen kann (z. B. vier Sensor-Pixel zu einem Pixel im Video) und die effektiven Pixel dadurch wirklich klein sind und das Videos dadurch rauschanfällig ist. 6K-Video lässt sich auch nicht bei den normalen Videoeinstellungen auswählen, sondern es verbirgt sich als ganz eigener Videomodus als Alternative zu Timeshift, Slow-Motion usw. Das muss man wirklich erstmal finden. Die einzigen möglichen Bildwiederholfrequenzen hier sind 24 und 25 Bilder/s.

"Horizon Lock" oder auf Deutsch im Insta360-Jargon "Horizontalsperre" ("Horizont-Verriegelung" hätte uns besser gefallen) ist die Möglichkeit, den Horizont automatisch immer gerade ausgerichtet zu haben. Das kennen Anwender von 360-Grad-Kamera bereits und dort ist Insta360 ja eigentlich zuhause. Bei 360-Grad-Kameras ist das auch technisch kein großes Problem, diese nehmen sowieso in alle Richtungen alles auf. Bei normalen Actioncams mit rechteckiger Aufnahmefläche ist die Sache hingegen mit der Einschränkung verbunden, dass je nach auszugleichendem Drehwinkel der noch nutzbare Bildkreis extrem eingeschränkt wird. Im Grunde definiert die Sensorhöhe die Diagonale des Endformats. Will man dann noch eine Stabilisierung gegen Erschütterungen hinzufügen, geht noch mehr nutzbare Auflösung verloren. Deshalb gibt es auch die beiden Modi: maximal 45 Grad Ausgleich und voller 360 Grad Ausgleich. Wem 45 Grad reichen, sollte dies also einstellen, es ist auch der Standardwert. Die Bildwiederholrate bei eingeschaltetem Horizon-Lock darf übrigens maximal 30 fps betragen. Die eigentliche Berechnung des fertigen Videos erfolgt (im Gegensatz nur normalen Stabilisierung) nicht in der Kamera, sondern in der Smartphone-App oder in der Desktop-Anwendung.

Und wie ist es mit der Bildqualität bestellt? Der 1/2-Zoll-Sensor ist zwar etwas größer als manch andere Actioncam-Bildsensoren, wirklich groß ist er aber nicht und mit 48 Megapixeln reichlich vollgepackt. Das sieht man den 48-Megapixel-Fotos durchaus an. Bildrauschen ist entweder sichtbar oder es wird von der Bildbearbeitung versucht glattzubügeln und das kostet einerseits Auflösung und Details und erzeugt andererseits sichtbare Artefakte. Solange man mit ultraweitem Bildwinkel fotografiert, ist das Ergebnis aber noch gut. Sobald man allerdings eine der Zoom-Stufen verwendet, einschließlich der Einstellung "Linear" (Verzeichnungskorrektur), macht die Kamera aus einem kleineren Bildausschnitt dann wieder eine 48-Megapixel-Datei und die sieht dann wirklich nicht mehr gut aus. Das Zoom bzw. die verschiedenen Bildwinkel ergeben definitiv nur bei 12-Megapixel-Fotos Sinn.

Bei den Videos ist es ähnlich. In Ultraweitwinkel-Einstellung sehen die 4K-Videos wirklich gut aus, weil dann ein Großteil der 48 Megapixel für das Video genutzt werden kann. Sobald man aber auf Linear umschaltet, wird die Bildqualität schon sichtbar schlechter. Bildstabilisierung kostet weitere Pixel, sodass stabilisierte 4K-Videos direkt aus der Kamera, trotz 48-Megapixel-Sensor, schon nicht mehr optimal aussehen. Videos, die mit der Einstellung für nachträgliche Stabilisierung aufgenommen werden, enthalten die entsprechenden Einstellungen übrigens nur als Information in der Datei. Die Videos sind tatsächlich in Ultraweitwinkel gefilmte 4K-Videos. Den Rest macht dann die App, die dann aber nur mit der zur Verfügung gestellten Pixelmenge arbeiten kann.

  • Bild Der Insta360 ONE RS Mikrofonadapter mit 3,5-Zoll-Klinkenbuchse wird seitlich in den Schnittstellen-Port gesteckt. Dazu muss die Schnittstellenklappe abgenommen werden. Der Halterahmen hat eine entsprechende Aussparung. [Foto: Insta360]

    Der Insta360 ONE RS Mikrofonadapter mit 3,5-Zoll-Klinkenbuchse wird seitlich in den Schnittstellen-Port gesteckt. Dazu muss die Schnittstellenklappe abgenommen werden. Der Halterahmen hat eine entsprechende Aussparung. [Foto: Insta360]

Bei der nachträglichen Stabilisierung und der Nutzung des Horizontausgleich muss man sich bewusst machen, dass von dem Eingangs-Video, das z. B. in 4K-Auflösung gespeichert wird, durch die Stabilisierungsmaßnahme nicht mehr viel übrig bleibt. Bei 360-Grad-Horizontausgleich, um einmal das Extrembeispiel zu nehmen, kann praktisch nur noch die Höhe des 4K-Videos als Diagonale für das stabilisierte Video verwendet werden, also gerade mal 2.160 Pixel. Davon geht dann noch ein Bereich zur Stabilisierung der Erschütterungen ab, z. B. 10 %. Das Endergebnis kann also eigentlich maximal rund 2.000 Pixel in der Diagonale messen, hat also effektiv nicht einmal FullHD-Auflösung. Daraus resultiert, dass es keinerlei Sinn ergibt, so ein Video wieder in 4K-Auflösung auszugeben. Technisch möglich ist das und es ist sogar die Standardeinstellung der Desktop-App. Das Ergebnis ist aber wenig ansehnlich. Sinnvoll ist ein Export in FullHD (1080p). In diesem Punkt ist übrigens das 1-Inch-Modul haushoch überlegen. Dieses liefert rattenscharfe 5,3K-Videos als Ausgangsmaterial in die Software, die daraus zeitaufwändig perfekt stabilisierte und superhochwertige 4K-Videos zaubert.

Auch die 6K-Breitbild-Videos haben wir uns natürlich angeschaut, das sind Videos mit stolzen 15,4 Megapixeln! Diese können weder stabilisiert werden, noch können dafür andere Bildwinkel gewählt werden. Man hat in jedem Fall die volle Breite, nur oben und unten beschnitten. Die Bildwiederholrate kann man zwischen 24 oder 25 fps wählen. Bei wenig Licht rauschen die Videos sichtbar, insofern ist der Warnhinweis von Insta360, letzteren überhaupt nur bei viel Licht zu verwenden, durchaus ernst zu nehmen. Bei viel Licht ist das Ergebnis durchaus gut zu gebrauchen und sehr "ehrlich" ohne nennenswerte Manipulation, die die Qualität mindern. Die Bitraten liegen je nach Einstellung zwischen 80 und 100 MBit/s. Für 4K30-Videos ist das ein durchaus vernünftiger Wert. Für 4K60 oder gar die 15,4-Megapixel-6K-Breitbild-Videos ist das hingegen eher wenig.

Insgesamt ist die Bildqualität "OK", aber nicht umwerfend. Fotos macht man lieber als 12-Megapixel-Fotos, nicht als 48-Megapixel-Fotos, außer man belässt es wirklich beim ultraweiten Bildfeld. Und auch bei Videos muss man darauf gefasst sein, dass Bildmanipulationen wie Verzeichniskorrektur und Stabilisierung zu sichtbaren Qualitätsverlusten führen, jedenfalls wenn man 4K-Videos als Maßstab nimmt. Konkurrent GoPro bekommt das deutlich besser hin und liefert direkt aus der Kamera sehr gut stabilisierte Videos in sehr hoher Qualität.

  • Bild Das aus dem Halterahmen ragende Kameraschutzglas hat nur einen hauchdünnen Rahmen, der nach unserem Test bereits eine Beschädigung aufweist. Hier zwar nur ein kosmetisches Problem, grundsätzlich aber eine mögliche Schwachstelle für die Actioncam. [Foto: MediaNord]

    Das aus dem Halterahmen ragende Kameraschutzglas hat nur einen hauchdünnen Rahmen, der nach unserem Test bereits eine Beschädigung aufweist. Hier zwar nur ein kosmetisches Problem, grundsätzlich aber eine mögliche Schwachstelle für die Actioncam. [Foto: MediaNord]

Und wie sieht es beim Ton aus? Der kann sich wirklich hören lassen und ist eine deutliche Verbesserung zum Vorgängermodell. Die drei Mikrofone im Kernmodul machen einen guten Job. Ab besten und natürlichsten ist der Ton im Stereo-Modus. Der direktionale Modus versucht offenbar von der Seite kommenden Ton auszublenden und nimmt einen Mono-Ton auf. Auch durchaus brauchbar!

Fazit

Mit der Insta360 One RS bietet der Hersteller ein sehr interessantes modulares Kamerasystem, dass auch eine 360-Grad-Panoramakamera und das sensationelle 1-Zoll-Kameramodul umfasst. Das "4K Boost Lens"-Kameramodul mit seinem 48-Megapixel-Sensor plus Kernmodul plus Akku ergibt eine universelle Actioncam mit viel Ausstattung und praktischen Zusatzfunktionen. Gut gefallen hat uns, dass man sie auch direkt als USB-Webcam mit zwei verschiedenen Bildwinkeln verwenden kann. Weniger überzeugen konnte die interne Bildstabilisierung, die nicht so wirkungsvoll wie erwartet ist, und die lieb gewonnene, typische Insta360-Funktionen wie das automatische horizontale Ausrichten der Videos, vermissen lässt. Eine richtig gute Bildstabilisierung bekommt man mit der Insta360 One RS mit dem 4K-Boost-Kameramodul nur nachträglich per App, dann aber schneiden die Stabilisierung und der Horizontausgleich so viel vom Video weg, dass die Pixelmenge eigentlich nur noch für sehr hochwertige FullHD-Videos reicht.

Vorteile

  • pfiffiges modulares Kamerakonzept
  • 5 Meter wasserdicht und robust
  • praktische Webcam-Funktion mit zwei Bildwinkeln

Nachteile

  • nur mittelmäßige interne Stabilisierung
  • leistungsfähige nachträgliche Stabilisierung bedingt hohen Auflösungsverlust
  • konzeptbedingt sehr kleiner Touchscreen
  • teilweise etwas umständliche Bedienung der Menüs