Aufnahmen mit Panoramakameras Vielleicht kennst du das: Bei Fotos und Videos mit 360-Grad-VR-Kameras ist immer mehr weniger störend auch das Stativ mit auf dem Bild, auf dem die Kamera montiert ist. Gerade bei Innenaufnahmen kannst du unter Umständen aber ganz auf ein Stativ verzichten. Oft ist dies sogar die einzige Möglichkeit, die perfekte Aufnahmeposition einzufangen.

Die perfekte Position für eine Panorama-Innenaufnahme ist die Mitte des Raums. Die Kamera sollte dabei etwa auf normaler Augenhöhe sein. Ob sitzende oder stehende Augenhöhe, darüber mag man streiten, ungefähr die Mitte davon ist sicherlich nicht schlecht. Eine Kameraposition im Bereich von rund 1,20 bis 1,40 m über dem Boden ist bei normalen Räumen nicht verkehrt. Bei niedrigerer Position fehlt des dem Betrachter evtl. an Überblick im Foto. Bei höheren Positionen wirkt der Raum vielleicht nicht optimal, denn viele wichtige Details befinden sich möglicherweise dann unterhalb der Kameraposition. Nur bei großen und sehr hohen Räumen ist eine Kameraposition bei ca. 1,80 über dem Boden vorzuziehen.

Nun gibt sich mitunter das Problem, dass an der Stelle in der Raummitte keine Möglichkeit besteht ein Stativ aufzustellen. Und generell ist es natürlich nicht perfekt, wenn die 360-Grad-Rundum-Kamera das Stativ selbst mit aufnimmt. Das ist zwar oft nicht zu vermeiden, aber perfekt wäre es natürlich ganz ohne Stativ. Da hilft dann ggf. relativ mühsame Retusche im Bildbearbeitungsprogramm. Oft sieht man alternativ ein Logo am "Boden" des vollsphärischen Panoramas, das das unansehnliche Stativ verdeckt. Aber das Logo stört natürlich im Grunde ebenso wie das Stativ. Die einzige Möglichkeit ist es, möglichst auf ein normales Stativ zu verzichten und die Kamera von oben abzuhängen. Das geht natürlich grundsätzlich sowieso nur in Innenräumen, aber um die geht es hier.

  • Bild "Stilleben" mit Nähset, GoPro Fusion, Portwein und Pastéis de Nata und Portwein. In guten Hotels findet sich meist ein Nähset in einem kleinen Umschlag im Kleiderschrank oder im Bad. [Foto: MediaNord]

    "Stilleben" mit Nähset, GoPro Fusion, Portwein und Pastéis de Nata und Portwein. In guten Hotels findet sich meist ein Nähset in einem kleinen Umschlag im Kleiderschrank oder im Bad. [Foto: MediaNord]

Als anschauliches Beispiel soll das hier gezeigte Hotelzimmer gelten, das mir als Beispiel für diesen Tipp gerade recht kam. Das Zimmer ist typisch für Hotelzimmer: Es wird dominiert von dem großen Bett. Dort drauf kann man keinesfalls sinnvoll ein Stativ stellen. Erstens würde die Kamera nicht sicher stehen, zweitens würde das Stativ sehr unschöne Abdrücke im frisch gemachten Bett hinterlassen und mit dem dadurch entstehenden Faltenwurf sowieso die ganze Aufnahme verderben. Sehr sehr häufig finden sich aber in Hotelzimmern, ebenso wie in Privatwohnungen, Rauchmelder an der Decke und diese sind meist genau mittig montiert. In Privatwohnungen oder Büroräumen sind genau in der Mitte oft Kabelauslässe für Deckenlampen und dort entweder direkt eine Lampe montiert oder eine Deckenauslassdose (Lampenanschlussdose) mit einer "Affenschaukel" (Kabel) zu der an einer anderen Stelle montierten Deckenlampe. All dies sind häufig gute Montagemöglichkeiten für unsere schwebende Panoramakamera. Der Trick besteht also darin, die Kamera an diesen Stellen irgendwie hängend zu befestigen.

Einen Tipp wie diesen hatte ich zwar grundsätzlich geplant zu schreiben, aber nicht für diese Reise. Ich hatte zwar eine GoPro Fusion dabei, aber sonst nur die üblichen Stative und Selfie-Sticks, ich musste also improvisieren. In guten Hotels gehört es zum Standard, dass irgendwo ein kleines Nähset für den Gast bereitliegt, meist im Kleiderschrank oder im Bad. Falls das nicht der Fall ist, lohnt es sich an der Rezeption einmal nachzufragen. Solche Sachen (wie auch Ersatz für die möglicherweise vergessene Zahnbürste) kann man dort oft auf Nachfrage bekommen. Besser vorbereitet hat man natürlich ein Stück durchsichtige Nylon-Schnur oder schwarze, graue oder weiße Flechtschnur in der Tasche. Letztere hatte ich durchaus in letzter Zeit oft dabei, aber gerade leider nicht. Das Nähset muss also reichen. Die Länge der dort enthaltenen Fäden reichen auch gerade so, sie sind ja eigentlich nur dazu gedacht mal einen Knopf anzunähen und mitunter nur rund 1 Meter lang. Falls das nicht reicht, kann man zwei Fäden aneinanderbinden. Von der Belastbarkeit ist so ein Nähfaden für die meist leichten Panoramakameras durchaus in Ordnung.

  • Bild GoPro Fusion Panoramakamera über Kopf abgehängt am Nähfaden im Hotelzimmer. [Foto: MediaNord]

    GoPro Fusion Panoramakamera über Kopf abgehängt am Nähfaden im Hotelzimmer. [Foto: MediaNord]

Jetzt ist nur noch die Frage, wie du den Faden an der Kamera und an der Decke befestigst. Bei der GoPro Fusion ist das sehr einfach, diese hat eine normale GoPro-Halterung und diese wiederum hat Bohrungen für die Schraube, durch die du ganz einfach den Faden hindurchfädeln und verknoten kannst. Andere Panoramakameras haben auf der Unterseite meist ein Stativgewinde. Für diese gibt es tatsächlich im Handel spezielle Ösen, die du dort hineinschrauben kannst. Wenn du eine solche nicht hast, musst du wiederum improvisieren. Evtl. hat deine Kamera eine kleine Öse, an der normalerweise ein Sicherungsbändchen angebracht wird, damit die Kamera nicht verloren geht, falls ein Teil der Befestigung bricht. Die Öse kannst du dann gut verwenden, es ist auch meist nicht wichtig, dass die Kamera gerade hängt, denn die meisten Panoramakameras haben sowieso einen automatischen Horizontausgleich (oder du kannst die Aufnahme später in der Nachbearbeitung geraderücken. Weitere gute Alternativen: Schau ob bei deinem Selfie-Stick das obere Teil ein 1/4-Zoll-Gewinde hat, abnehmbar ist und so eine geeignete Öse bietet. Oder vielleicht hast du ein normales Kamerastativ mit Schnellwechselplatte dabei. Dort kannst du fast immer die Kameraschraube einfach aus der Schnellwechselplatte entfernen und zwischenzeitlich in deine Panoramakamera schrauben und einfach den Faden drumherum knoten. Kameraseitig wird sich das Befestigungsproblem also auf jeden Fall mehr oder weniger leicht lösen lassen. 

Etwas schwieriger kann die Situation an der Decke sein. In meinem Fall hatte der Rauchmelder zufällig einen perfekten "Haken" gleich dran, über den ich einfach das zu einer Schlaufe geknotete Ende des Nähfadens drüberhängen konnte. So schön geht das natürlich selten. Eine Alternative kann sein, den Faden einfach auf Deckenhöhe um den Rauchmelder zu legen und zu schauen, ob er dann zwischen Decke und Rauchmelder rutscht. Auch irgendwelche Öffnungen am Rauchmelder eignen sich vielleicht, den Faden hindurchzuziehen. Bei Deckenauslassdosen gilt dasselbe. Sollte dort ein Kabel abgehen ist natürlich auch das Kabel selbst ein idealer Befestigungspunkt und du bist bei der Position der Kamera sogar flexibel, denn du kannst den Faden ja an jeder Stelle am Kabel anbinden. Auch Deckenlampen haben häufig gute Möglichkeiten, um einen dünnen Faden irgendwo anzuknoten.

  • Bild GoPro Fusion Panoramakamera im Hotelzimmer über Kopf abgehängt mit einem Nähfaden am Rauchmelder. [Foto: MediaNord]

    GoPro Fusion Panoramakamera im Hotelzimmer über Kopf abgehängt mit einem Nähfaden am Rauchmelder. [Foto: MediaNord]

Nachdem die Kamera nun hängt, steht der Aufnahme eigentlich nichts mehr im Wege. Jetzt zeigt sich allerdings ein großer Nachteil des Nähgarns. Dieses besteht meist einfach aus mehreren verdrillten Fäden. In dem Moment, wo die Kamera frei dranhängt, beginnt sie sich zu drehen. Erst langsam, dann immer schneller. Gleichzeitig braucht sie einige Zeit, nachdem du sie losgelassen hast, bis sie nicht mehr "zittert", bis dahin hat sie aber schon ordentlich Rotationsgeschwindigkeit aufgenommen. Zittern und Rotation ist beides blöd, denn wir wollen hier ja Innenaufnahmen bei möglichst stimmungsvollem Licht machen. Das führt zu relativ langen Belichtungszeiten und wenn wir die Kamera nicht einigermaßen ruhig kriegen, misslingen die Aufnahmen durch Bewegungsunschärfe. Das einfachste wäre es theoretisch die Kamera einige Stunden "aushängen" zu lassen, aber wer hat schon so viel Zeit? Es bleibt dir also in der Praxis wahrscheinlich nichts anderes üblich die Kamera möglichst ruhig einzuschalten und dabei zu versuchen möglichst wenig Bewegung hineinzubringen und die Aufnahme danach möglichst schnell zu machen, bevor die Rotationsbewegung an Fahrt aufnimmt. Das Problem hast du übrigens wirklich nur mit der einfachen Bindfaden-Methode. Flechtschnüre sind ja (wie der Name schon sagt) geflochten und nicht verdrillt und haben daher keine oder nur sehr wenig Tendenz die Kamera in eine Drehbewegung zu versetzen. Dasselbe gilt für die durchsichtigen Nylonschnüre, die ja homogen aus einer Faser bestehen und für diesen Zweck eigentlich am besten sind.

Wenn die Schnüre farblich zur Umgebung passen (wie hier weißer Faden an weißem Rauchmelder), dann bleibt die Konstruktion übrigens tatsächlich komplett unsichtbar. An der Kamera liegt die Befestigung sowieso im toten Winkel. Und die Befestigung an der Decke ist so weit weg, dass heutige Panoramakameras solch feine Details nicht auflösen können, zumal sie in dem Bereich liegen, wo die Kamera die beiden Halbbilder zusammenstitchen muss, d. h. die Auflösung sowieso reduziert ist.

Beispielfoto

Zimmer im Hotel Pousada de Lisboa (in Lissabon, Portugal), aufgenommen mit der GoPro Fusion, abgehängt am Nähfaden von einer Lasche am Feuermelder. Die Aufhängung bleibt, ohne jede Bildretusche, völlig unsichtbar. [Foto: MediaNord]

Noch ein paar Tipps: Eine V-förmige Abhängung (von der Kamera gehen zwei Schnüre zur Decke) würde das Problem mit der Drehbewegung verhindern. Dadurch werden aber evtl. die Fäden sichtbar. Ein Versuch ist das aber vielleicht wert. Ansonsten probiere unbedingt mit verschiedenen Beleuchtungssituationen und mache mehrere Aufnahmen. Das oben gezeigte Beispielfoto ist natürlich auch nicht das einzige aus der Serie, sondern das, was mir am besten gefiel. Schon wenn du die Vorhänge ein ganz wenig mehr öffnest oder schließt ergibt sich eine andere Mischung aus Kunstlicht und natürlichem Licht und die Kamera wählt ggf. eine andere Belichtung und das Ergebnis kann sich von den anderen Fotos stark unterscheiden. Dass du sämtliche Innenleuchten einschaltest, sollte selbstverständlich sein. Zum einen sieht das sehr gut aus, zum anderen verhinderst du damit, dass die im dunkleren Bereich des Raumes liegenden Bereich komplett in Dunkelheit untergehen.

Dass die Kamera über Kopf hängt, spielt übrigens keine Rolle. Die meisten VR-Kameras richten das Bild entweder gleich automatisch richtig herum aus (auch wenn die Kamera bei der Aufnahme schräg gehalten wurde) oder du kannst das in der zugehörigen Verarbeitungs-Software tun. 

Und wie machst du es, dass du selbst nicht mit auf dem Bild sein willst? Klar, natürlich per Fernauslösung vom Smartphone (oder mit einer extra Fernbedienung). In diesem Beispiel stehe ich (inklusive Koffer, Fotorucksack usw.) in der Nische hinter dem Schrank. Die Möglichkeit bietet sich so natürlich nicht immer. Dann musst du kurz den Raum verlassen. Über kurze Distanzen sollte die Fernsteuerung per Bluetooth oder WiFi auch durch eine Zimmerwand bzw. die Zimmertür funktionieren.

Hast dir dieser Tipp geholfen, tolle Innenraum-Fotos zu schießen? Dann würde ich mich über eine Zusendung des Fotos oder einen Link an jmr@medianord.de sehr freuen!