Der Actioncam-Hersteller SJCam vertreibt seine Produkte unter eigenem Namen, aber diverse andere Kameras, die unter unterschiedlichsten Markenbezeichungen erhältlich sind, sind eigentlich SJCam-Produkte mit anderem Aufdruck. SJCam dürfte somit einer der drei oder vier Auftragsfertiger in Fernost sein, neben AEE beispielsweise (die ebenfalls unter eigener Marke als auch "inkognito" im Handel sind) oder Asian Optics (die für bekannte Marken wie Kodak oder Pentax fertigen).
Die Kameras von SJCam haben einen ziemlich guten Ruf, jedenfalls wenn man das Preis-Leistungsverhältnis berücksichtig. Im Vergleich zu etablierten Markenprodukten kosten die Geräte von SJCam oft nur die Hälfte, haben einen riesigen Lieferumfang und versprechen eine gute Qualität. Ob sie das Versprechen einhalten, hängt offenbar vom jeweiligen Model ab, oder sogar vom Zeitpunkt, wann diese gefertigt wurde. Die Modellbezeichnungen von SJCam sind recht verwirrend, es gibt unter anderem die Baureihen SJ4000 und SJ5000 und diese wieder in zahlreichen Versionen mit "WiFi", "Plus" oder "X" an der Typenbezeichnung und wenn das nicht reicht, kommt auch mal ein "Elite Edition" hinten dran, wobei dann entgültig niemand mehr genau weiß, was das denn nun wieder ist, denn auf der Kamera selbst findet sich das "Elite" nicht wieder. Und wenn das noch nicht reicht oder ein Produkt bei Markteinführung vielleicht noch nicht ganz ausgereift war, dann ändert SJCam offenbar auch schon mal die Hardware in der laufenden Produktion – ohne die Typenbezeichnung zu ändern. Wir hatten uns nach einem guten Test eines Derivats SJ4000 im Frühjahr 2015 an einen Test des damaligen Spitzenmodells SJ5000+ gewagt und waren angesichts diverser Kinderkrankheiten nicht uneingeschränkt zufrieden. Prompt erreichten uns einige Wochen später Leseranfragen, welche "Version" der SJ5000+ wir denn getestet hätten. Es würde das Gerücht umgehen, dass die Probleme nicht etwa durch ein Firmware-Update, sondern durch geänderte Hardware mittlerweile abgestellt seien. Grundsätzlich sind die Produkte von SJCam also mitunter "mit Vorsicht zu genießen", aber wenn man ein gutes Modell (oder sollen wir sagen "Exemplar") erwischt, dann können die Kameras für ihr Geld unheimlich viel leisten.
Das aktuelle Spitzenmodell von SJCam nennt sich SJ5000+ und kam im Herbst 2015 auf den Markt. Nicht hierzulande, das muss man allerdings ergänzen, sondern sonstwo auf der Welt. Der Grund, dass die Kamera noch nicht in Europa angeboten wird, mögen fehlende Zertifizierungen oder nicht eingehaltene Bestimmungen sein. Fakt ist andererseits: Die Kamera hat auch ein deutsches Bildschirm-Menü und es ist für deutsche Kunden kein Problem, diese "in Übersee", vornehmlich in Fernost, bei einem Händler, der international liefert, zu bestellen (z. B. Gearbest oder Banggood). Und auch SJCam bietet die Kamera ja in seinem eigenen Online-Shop an. Der Preis ist aktuell relativ "sauber" bei rund 150 US-Dollar (umgerechnet 140 Euro), versandkostenfrei, die Verzollung und Einfuhrumsatzsteuer-Abgabe muss dann noch in Deutschland erfolgen (normalerweise durch den Paketdienst). Da könnten alles in allem nochmal maximal 60 Euro hinzukommen (unverbindliche Prognose), weshalb wir den Preis in der Einleitung mit "nicht einmal 200 Euro" angegeben haben.
Nun aber zur Kamera selbst. Auf der Verpackung und im Datenblatt gibt SJCam die höchste Auflösung mit 3840 x 2160 Pixeln an, also der "offiziellen" 4K-Auflösung. Dies sogar mit immerhin 24 fps, also hinreichend ruckelfrei. Das ist bzw. wäre eigentlich eine kleine Sensation in dieser Preisklasse. Auf der eigenen Website rudert SJCam dann schon wieder ein Stück zurück. "Please notice the 4K resolution is interpolated, the real resolution is 2880x2160P, thanks." steht dort in immerhin auffällig roter Schrift. Also doch kein "echtes" 4K, sondern nur "interpoliertes" 4K. Wie das gehen soll angesichts des ganz anderen Ausgangs-Seitenverhältnisses, rätseln wir noch. Es steht zu befürchten, dass hier der gesamte Sensor im 4:3-Format ausgelesen und das Bild auf 16:9-Seitenverhältnis breitgezogen wird. Das wäre schlimm. Oder es werden eben nicht alle Pixel, sondern nur "Streifen mit Lücken" ausgelesen und die Zwischenwerte errechnet. Auch nicht schön. Der Rest der technischen Daten scheint "sauber" zu sein. Die ganze 4K-Problematik betrifft übrigens generell die "Elite Edition". Die SJ5000+ ohne "Elite Edition" ist generell nur mit bis zu 2560 x 1440 (bei 30 fps) angegeben und wird bei einigen Händlern noch etwas günstiger angeboten als die Pseudo-4K-Elite-Version – möglicherweise also der bessere Kauf. Interessant wird noch sein, was es mit dem erwähnten "Gyro-Sensor-Bildstabilisator" auf sich hat, ob der sinnvolle Ergebnisse produziert und in welchen Auflösungen die Bildstabilisierung überhaupt wirkt. Die Kamera ist übrigens in sieben verschiedenen Farben erhältlich, darunter Schwarz und Weiß, bunte Farben und sogar Gold. Die Farbe betrifft allerdings immer nur die Frontblende (die aber nicht selbst gewechselt werden kann); der Rest der Kamera ist immer schwarz. Wie bei SJCam üblich ist der Lieferumfang sehr umfangreich. Es fehlt eigentlich nur eine Saugnapfhalterung, sonst ist wirklich alles mit dabei: ein 30 m wasserdichtes Schutzgehäuse, die üblichen Klebehalterungen für plane und gewölbte Oberflächen samt diversen Verlängerungen und Winkelstücken. Dazu einen Fahradlenker-Halterung und ein Halterahmen mit Stativgewinden auf beiden Seiten (oben und unten), denn ein Stativgewinde hat die Kamera selbst nicht, da sich auf der Unterseite das Akkufach befindet. An den Halterahmen lässt sich auch eine stabile Klammer einklipsen, mit dem die Kamera z. B. an einer Brusttasche getragen werden kann.
Die SJ5000+ werden wir übrigens testen. Der Händler Gearbest hat uns freundlicherweise ein Testgerät zur Verfügung gestellt und per Express geliefert, so dass wir nicht die üblichen 6 Wochen Wartezeit für den Bezug in China hatten. Die Kamera ist schon eingetroffen, ging bei uns diese Woche über den Fototisch und in den nächsten Tagen noch für Testaufnahmen ins Labor, anschließend dann zu unserem Tester Tim Reiche. Der Test soll ca. Mitte Januar erscheinen.