Für einen Tester ist das immer so eine Sache. Soll er viel auf das Vorgänger- oder Schwestermodell Bezug nehmen, oder so tun, als gäbe es das nicht? Spätestens wenn die letzten Exemplare des Vorgängers aus den Regalen der Händler verschwunden sind, interessiert der Vergleich nicht mehr so sehr. Andererseits war gerade das direkte Vorgängermodell der HDR-AS200V (die HDR-AS100V) sehr erfolgreich und wurde vielfach als ebenbürtig zu Produkten aus dem Hause GoPro angesehen. Da wirst du wahrscheinlich durchaus wissen wollen, ob die AS200 nun genau so gut oder vielleicht noch besser ist. Angesichts der großen Ähnlichkeiten beider Modelle, deren äußere Unterschiede lediglich beim Aufdruck der Beschriftung bestehen, sicherlich eine berechtigte Frage. Innerlich unterscheiden sich die AS100 und AS200 schon eher, aber rein von den Daten her schneidet das ältere Modell besser ab. Wie kann das sein?
Hauptgrund ist der neue Sensor. Bei der AS100 kam noch ein Bildsensor im 4:3-Format zum Einsatz, der aber gar nicht voll genutzt wurde – nicht einmal bei Standbildern. Im Foto-Modus wurden nur 13,5 Megapixel genutzt, denn Fotos machen die Sony-Actioncams generell ausschließlich im Seitenverhältnis 16:9. Und mit "Foto" haben es die Sony-Actioncams ohnehin nicht so sehr. Spätestens bei Serien- oder Intervall-Aufnahmen wird sowieso nur eine 2-Megapixel-FullHD-Videoauflösung gespeichert. Dann kann man es auch lassen. Also ist dies nun vielleicht ein konsequenter Schritt, einen richtig auf Videoaufnahmen spezialisierten 8,8-Megapixel-Sensor zu verwenden. Dieser kommt auch im Flaggschiff FDR-X1000V zum Einsatz, das in unserem Test sehr gut abgeschnitten hat. Die Megapixel-Zahl reicht für hochauflösende Videos (UHD/4K), was allerdings dem Spitzenmodell vorbehalten ist. Und diese Auflösung bietet genug Reserven, um mit verringertem Bildwinkel eine elektronische Bildstabilisierung durchzuführen. Das konnte die AS100 zwar grundsätzlich auch schon, aber die stabilisierten Videos der AS200 und X1000 gelingen besser! Neu bei der AX200 (gegenüber der AS100) ist auch ein High-Speed-Modus mit bis zu 240 Bildern/s. Dies allerdings nur mit einer niedrigen Auflösung von 800 x 480 Pixeln. Ein aktueller Trend bei Actioncams – aber was soll man damit anfangen?
Wieder mit an Bord ist das professionelle Videoformat "XAVC S" mit hoher 50 Mbit/s Datenrate. Das ist das Doppelte von dem, was sonst bei wirklich guten FullHD-Videos meist üblich ist und sorgt für scharfe Videos ohne Kompressionsartefakte selbst dann, wenn viel Bewegung im Bild ist. Alternativ kannst du das übliche MPEG4-AVC/H.264 mit geringerer Datenrate verwenden, sei es aus Kompatibilitätsgründen bei der Nachbearbeitung, oder weil du Speicherplatz sparen willst. Die weiteren Highlights der Sony HDR-AS200V:
- Time-Code zur späteren Synchronisierung paralleler Aufnahmen aus mehreren Sony Action-Kameras (nur bei XAVC S Videoaufzeichnung).
- Eingebautes Stereo-Mikrofon und direkter Mikrofonanschluss per 3,5mm-Klinkenbuchse (beides bei Action Cams alles andere als üblich).
- Live-View-Armbandfernbedienung für bis zu fünf Kameras gleichzeitig.
- Steuerung mehrerer Kameras gleichzeitig auch über die Sony Smartphone-App
- WiFi, erfreulicherweise mit NFC.
- Eingebautes GPS zur Positionsaufzeichnung.
- Eher unbedeutend, aber auch ungewöhnlich: Infrarotfernbedienungs-Empfänger.
- Hochwertiges 170-Grad-Objektiv.
- Besonders wirksame Bildstabilisierung (bei reduziertem Bildwinkel von 120 Grad).
- Spritzwassergeschützt und staubgeschützt, auch ohne Schutzgehäuse.
- Stativgewinde über Adapter.
- Klein und leicht.
Lieferumfang
Der normale Lieferumfang in dem vom Marktführer GoPro bei Actioncams (und nur dort) etablierten und nun üblichen "Schneewittchensarg"-Schmuckgehäuse umfasst die Kamera im lediglich 5 Meter wasserdichten, dafür aber sehr leichten Schutzgehäuse. In verschiedenen Kits gibt es die AS200 auch zusammen mit der Livebild-Armbandfernbedienung (RM-LVR2) mit LCD-Farbmonitor. Dann bedeutet die Fernbedienung einen Aufpreis von 100 Euro, einzeln kostet sie knapp 150 Euro. Das in der Fernbedienung eingebaute GPS brauchst du nur für das kleinere Modell HDR-AZ1VR, nicht aber für die AS200, in der ein eigener GPS-Empfänger verbaut ist. Falls du noch aus einem früheren Kauf die Armband-Fernbedienung RM-LVR1 besitzt, solltest du diese auch mit der AS200 koppeln können (evtl. nach einem Firmware-Update). Darüber hinaus gibt es noch zwei Sets inklusive Armband-Ferndbedienung, die zusätzlich weitere Halterungen beinhalten. Dann liegst du bei insgesamt rund 450 Euro.
Von der Fernbedienung abgesehen (die ja auch im Grundpaket nicht mit dabei ist) ist der Lieferumfang ziemlich mager. Mit dabei sind ein Stativadapter, der Akku (Typ NP-BX1 mit 1240 mAh) und ein USB-Kabel (kameraseitig mit Mikro-USB-Stecker; wer sowieso mit einem Smartphone-Ladekabel unterwegs ist, kann das verwenden) und etlichen Bedienungsanleitungen. Hinzu kommen eine Klebehalterung für gerade und eine für gewölbte Flächen (typischerweise Helme) sowie ein Zwischenstück, das zwischen Kamera oder Unterwassergehäuse montiert wird und dann in die Klebehalterungen einrastet. Auf beiden Klebehalterungen muss die Kamera genau gerade sitzen, Winkelstücke oder Gelenke sind nicht dabei. Mit im Lieferumfang ist aber ein unterschraubbarer Adapter mit 1/4-Zoll-Gewinde, mit dem du die Kamera auf Stativen und an beliebigen Halterungen mit 1/4-Zoll-Standard-Fotogewinde befestigen kannst.
Die Live-View-Fernbedienung macht zwar einen sehr robusten Eindruck, ist aber nur bis drei Meter wasserdicht und auch nicht wirklich gut mit dicken Handschuhen zu bedienen. Das ganze Set ist also eher nichts für richtige Tauchgänge, sondern eher etwas für generelle Outdoor-Aktivitäten einschließlich beispielsweise Schnorcheln, Surfen oder Kiten. Fürs richtige Tauchen gibt es für 49 Euro das bis 60 Meter wasserdichte Gehäuse SPK-AS3 mit flachem Frontglas. Darüber hinaus bietet Sony eine ordentliche Menge an optionalen Halterungen für diverse Einsatzzwecke, darunter das Hundegeschirr AKA-DM1.
Bedienung
Die Gehäuseform, die ja zweifelsfrei sehr schick ist, hat den Nachteil unten rund und damit ohne Auflagefläche zu sein. Um dort ein Stativgewinde hinein zu bekommen, hat Sony ganz vorne am Gehäuse ein M4-Gewinde eingelassen, in dem der Stativadapter mit 1/4-Zoll-Standard-Fotogewinde festgeschraubt wird. Der Rest der Unterseite ist mit zwei Klappen für die Schnittstellen belegt. Ein Platz für ein zweites Gewinde oder einen Wiederhaken am anderen Ende des Stativadapters war offenbar nicht umsetzbar (die etwas größere FDR-X1000V hat hingegen zusätzlich ein 1/2-Zoll-Gewinde direkt eingebaut). Da die M3-Befestigungsschraube bei dieser Konstruktion ganz an einem Ende und das 1/4-Zoll-Gewinde davon ein gutes Stück entfernt ist, sitzt die Kamera nicht wirklich spielfrei auf dem Stativadapter. Der Stativadapter eignet sich aber eher für Situationen, in denen die Kamera nicht viel auszuhalten hat. In anderen Fällen solltest du das mitgelieferte Schutzgehäuse verwenden, auch z. B. bei der Befestigung auf stark vibrierenden Befestigungspunkten, zum Beispiel auf einem Fahrrad-Lenker.
Die Bedienung der Kamera erfolgt über drei Tasten: [Prev] und [Next] an der Seite und [Rec/Enter] hinten in der Akkufach-Klappe (letztere kann mechanisch gegen versehentliches Betätigen gesperrt werden). Optische Rückmeldung liefert ein kleines Schwarzweiß-LC-Display. Dessen fünfstelliges 14-Segment-Taschenrechnerdisplay liefert vieldeutige Aussagen wie "PwOFF", "USBPw", "A.OFF", "WT-FT" (was WiFi heißen soll) oder "V.SYS" und "PRO" (worunter sich die Umschaltung in den XAVC S Videomodus verbirgt). Diese Spar-Ausstattung macht die Bedienung natürlich nicht komfortabel. Aus irgendwelchen Gründen bleibt Sony aber diesem Anzeige- und Bedienkonzept schon seit mehreren Jahren treu, statt auf ein normales Dot-Matrix-Display mit klar lesbaren Buchstaben zu setzen. Zum Glück sind die Einstellmöglichkeiten nicht unnötig überfrachtet. Man kommt deshalb doch irgendwie ganz gut klar. Ebenfalls treu bleibt Sony dem Bedienkonzept, dass die Kamera nachdem du eine Einstellung im Menü verändert hast, wieder komplett aus dem Menü rausspringt. Viele Änderungen (z. B. die Kamera-Grundeinstellungen) vorzunehmen, gerät so zu einer langwierigen, wilden Tastendrück-Orgie, weil du dich immer von vorn durchs gesamte Menü klicken musst.
Ungewöhnlich (aber Sony-Actioncam-typisch) ist auch, dass die Kamera keinen Ein/Aus-Schalter hat. Eingeschaltet wird sie mit Druck auf eine beliebige Taste – durchaus auch gern mal versehentlich. Lass die Stromspar-Abschaltung also am besten auf 30 Sekunden eingestellt, dann geht die Kamera schnell wieder von selbst aus. Manuell schaltest du sie aus, indem du dich mit den Prev/Next-Tasten auf "PwOFF" manövrierst ("links herum" geht schneller, also zweimal die "Prev"-Taste) und dann mit der Aufnahme/Enter-Taste bestätigst. Die Aufnahmetaste selbst besitzt einen recht hohen Widerstand, kann also kaum aus Versehen gedrückt werden. Aber auch nur diese lässt sich mit dem Hold-Riegel mechanisch sperren.
Eine gestartete Aufnahme wird über zwei Leuchtdioden signalisiert. Eine winzige sitzt in der Rückseite der Kamera und eine große, gut sichtbare oben auf der Kamera, wird dort allerdings von diversen als Zubehör erhältlichen Halterungen (Skeletthalterung, Monitorhandgriff) verdeckt. Eine Aufnahmekontrollleuchte an der Front hat die Sony nicht. Die Betriebsdauer liegt relativ unabhängig vom Aufnahmemodus bei rund zwei Stunden (127 Minuten gemessen bei 1080p30). Wie üblich wird nach jeweils 4 GByte eine neue Datei erstellt, die dann in der Bildbearbeitung nahtlos zusammengesetzt werden können.
Dank GPS speichert die Sony HDR-AS200V den Aufnahmeort in den Exif-Daten eines jeden Fotos. Für Videos legt die Kamera außerdem Track-Dateien in einem gesonderten Ordner auf der Speicherkarte an. Damit können mit der kostenlosen Sony-Software Play Memories Home nicht nur die Positionen der Fotos und Videos auf einer Karte angezeigt, sondern auch der Weg selbst dargestellt werden und Videos mit GPS-Daten des Tracks (etwa die aktuelle und maximale Geschwindigkeit) überlagern. Zudem lassen sich mit der Software die Aufzeichnungen von bis zu vier Kameras kombinieren.
Livebild-Fernbedienung
Wer vermutet, über die Live-View-Fernbedienung RM-LVR2 ginge die Bedienung deutlich komfortabler als über das spartanische Menü, wird enttäuscht. Über die Monitor-Fernbedienung mit ihren immerhin sechs Tasten lassen sich wirklich nur die allernötigsten Eigenschaften der Kamera umstellen. Hauptsächlich dient das Menü der Fernbedienung zur Einstellung der Fernbedienung selbst (Ausrichtung für linken Arm oder rechten Arm, Betrieb mit nur einer Kamera oder Multi-Kamera-Betrieb, Verbindung zur Kamera aufbauen usw.). Auch hier also wieder: Nicht unnötig überfrachtet. Deshalb kommt man gut damit klar. Der Monitor ist klein, aber das Live-Bild darauf knackscharf und fast verzögerungsfrei. Dies zumindest, solange sich die Fernbedienung in der Nähe der Kamera befindet. Bis maximal 10 Metern geht das, bis ca. 3 bis 5 Meter ist das Bild wirklich flüssig.